Zum Hauptinhalt springen

Der Neuwahl-Unsinn

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die heftiger gewordenen politischen Auseinandersetzungen zwischen SPÖ und ÖVP nähren Neuwahlgerüchte. Die SPÖ könnte wegen der deutlich besseren Umfragewerte im Vergleich zur Volkspartei Lust auf den Absprung bekommen. Nun, das Beispiel Wilhelm Molterers aus dem Jahr 2008 (die Volkspartei verlor die Wahl trotz guter Umfragedaten) sollte die Lust dazu dämpfen. In der Tat geht das Neuwahl-Gespenst eher in ÖVP-nahen Wirtschaftskreisen um als in der Löwelstraße (der SPÖ-Zentrale). Es wäre auch besonders unklug, denn auf Österreich kommen wirtschaftlich härtere Zeiten zu, das Wachstum wird sich verlangsamen. Die derzeit ausgezeichnete Beschäftigungslage droht sich kommendes Jahr zu verschlechtern.

Die gescholtene Koalitionsregierung kann beweisen, dass sie es noch kann. Auch auf die Gefahr hin, als Pflichtverteidiger dieser Regierung dazustehen: Keine andere Regierung in Europa hat - im Verein mit den Sozialpartnern - auf die Krise so klug reagiert wie die in Wien. Die Arbeitslosenrate ist die niedrigste in Europa, das Budgetdefizit konnte wieder reduziert werden und liegt an der berühmten 3-Prozent-Marke. Der Schuldenstand von 73 Prozent ist zwar nicht lustig, aber deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Das Bankenpaket, die Sicherung der Sparguthaben und die Kurzarbeitsregelung haben gut gegriffen.

Dass die Regierung diese Leistung nicht stärker vermarkten konnte, liegt an ihr selbst, schmälert sie aber nicht. Nun kann sie dies im kommenden Jahr (immerhin im Jahr vor den Nationalratswahlen) wiederholen. Die Aufgabenstellung ist diffizil: Es gilt die Inlandskonjunktur zu stimulieren, da die großen Exportmärkte deutliche Schwächen zeigen, und es gilt das Defizit dabei nicht auszuweiten. Eine großzügige Lohnrunde ist ein Weg in diese Richtung. Das machen zwar die Sozialpartner, aber der Staat kann natürlich Einfluss nehmen. Die EZB könnte eine Zinssenkung ins Auge fassen, wohlwollend geschubst von den EU-Regierungschefs. Und es könnte bei den Gebühren und Abgaben einen Erhöhungsstopp, vielleicht sogar eine Senkung, geben, um das Netto im Geldbörsel der Bürger zu erhöhen. Vor allem aber muss den Klein- und Mittelbetrieben - etwa in Form von Investitionsanreizen - Sicherheit gegeben werden.

Wie gesagt, Arbeit gibt es für die Regierung genug. Das Thema Wehrpflicht macht sich dagegen mickrig aus - und ist es auch.

Leitartikel