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Was erfährt in Krisenzeiten einen Aufschwung? Es ist der Bedarf an Heldengeschichten. Als der Heros unserer Zeit gilt Franklin D. Roosevelt. Er habe, so der Mythos, als Präsident die USA aus der Krise geführt, die sein Vorgänger Herbert Hoover durch das Nichteingreifen nach dem Crash von 1929 verschuldet hatte.
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Roosevelt übernahm die US-Präsidentschaft 1933, als die Arbeitslosigkeit bei 25 Prozent lag und die Wirtschaft dahinsiechte. Der New Deal, ein Programm massiver Interventionen in die Wirtschaft, gab der Bevölkerung das Vertrauen, das seine dreimalige Wiederwahl ermöglichte.
Doch die Medaille hatte ihre Kehrseite: Die Arbeitslosigkeit sank bis 1937 zwar auf 14 Prozent, stieg 1938 jedoch wieder auf 19 Prozent. Henry Morgenthau, Roosevelts Finanzminister, schrieb desillusioniert: "Wir haben es mit Geldausgeben versucht . . . jetzt haben wir so viele Arbeitslose wie am Anfang und riesige Schulden obendrein."
Roosevelt-Anhänger meinen, dass es besser gewesen sei, irgendetwas auszuprobieren, statt wie Hoover die Dinge treiben zu lassen. Hier gleitet der Mythos ins Märchen ab: Hoover war kein Fan der freien Marktwirtschaft. Als die Preise fielen und der Druck auf die Löhne zunahm, versuchte er, das Lohnniveau durch Interventionen zu stabilisieren. Die Unternehmen waren jedoch bei fallenden Verkaufspreisen für ihre Produkte mit gleich hohen Personalkosten konfrontiert. So zog ein staatlicher Eingriff den nächsten nach sich: Ein weiteres Maßnahmenpaket sollte die Preise stabilisieren. Der Versuch misslang und die Arbeitslosigkeit explodierte.
Roosevelts New Deal unterschied sich inhaltlich kaum von Hoovers Interventionspaketen, wenn auch der Umfang größer war. Geändert hatte sich der Stil - wo Hoover noch auf (relative) Freiwilligkeit gesetzt hatte, griff Roosevelt zu Zwang und scheute auch nicht die Auseinandersetzung mit dem US-Höchstgericht, das New-Deal-Regelungen gern als verfassungswidrig außer Kraft setzte.
Roosevelt setzte sich durch und damit seine Politik, durch Zwangskartelle hohe Löhne zu sichern. Doch dieser politische Erfolg erwies sich als Bumerang: Die Ökonomen Harold Cole und Lee Ohanian haben darauf hingewiesen, dass das Wirtschaftswachstum trotz gestiegener Produktivität weit unter dem Trend blieb, weil das manipulierte Lohnniveau die Rückkehr zur Vollbeschäftigung verhindert habe.
Unbestritten bleibt, dass er die Macht des Staates massiv ausgebaut und ohne Skrupel eingesetzt hat. Sein Erbe besteht im Anspruch an die Politik, für Probleme jeder Art eine Lösung parat zu haben, die sich in massiven Aktionsprogrammen niederzuschlagen hat.
Schon ein kurzer Blick hinter die Kulissen sollte jedoch skeptisch stimmen.
Rafael Krendelsberger war in der außeruniversitären Forschung tätig und ist jetzt FH-Vortragender.