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Der Norden erbt schon gratis

Von WZ-Korrespondent Clemens Bomsdorf

Wirtschaft

Sozialdemokraten schafften Steuer im Jahr 2004 ab. | Grund: Ungleiche Regelungen, geringe Einnahmen. | Kopenhagen/Stockholm. "Grüße aus dem Steuerparadies" - Nein, als der Journalist Jon Åsberg kürzlich seinen so betitelten Text für das Wirtschaftsmagazin "Affärsvärlden" schrieb, befand er sich nicht etwa in Luxemburg oder auf den Cayman-Inseln, sondern in seiner Heimat Schweden und kommentierte die dortigen Steuersenkungen der letzten Jahre.


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Das sozialdemokratisch geprägte Land, das einst international als einer der größten Schröpfer der Bürger verschrien war, ist in der Steuerpolitik eigentlich liberaleren Nachbarn wie Deutschland in mancher Hinsicht voraus. Und auch für Österreich könnte ein Aspekt interessant sein: Die Erbschaftssteuer. Während in Deutschland und Österreich Regierungskoalitionen nach Höchstgerichtsurteilen über Sinn oder Unsinn der Erbschaftsteuer streiten, war es in Schweden ausgerechnet die sozialdemokratische Regierung, die vor einigen Jahren dafür gesorgt hat, dass Erben besser gestellt werden.

Seit Ende 2004 muss in Schweden niemand mehr Erbschaftsteuer zahlen. Die Gesetzesänderungen wurden damals von den die Minderheitsregierung stützenden Grünen initiiert, die die Kleinunternehmer stärken wollten.

300 Millionen Euro

Der Schritt war nicht sonderlich schwer gefallen, schließlich lagen die jährlichen Einnahmen aus der Erbschaftsteuer ohnehin bei unter 300 Mio. Euro.

Zahlreiche Ausnahmeregelungen, die beispielsweise gewisse Aktienarten anders besteuerten als andere, hatten dafür gesorgt, dass nicht alle vererbten Vermögen gleich besteuert wurden und auch schon zuvor viel Geld von Eltern an Kinder weitergegeben wurde, ohne dass der Staat davon etwas sah. "Der größte Vorteil mit der Abschaffung der Erbschaftsteuer besteht sicher darin, dass jetzt niemand mehr viel Energie darauf verwenden muss, zu schauen, wie er um die Steuer rumkommt.

Stattdessen kann man sich darum kümmern Geld sinnvoll zu investieren. Auch die Steuerbehörde wird entlastet", sagt Stefan Fölster, Chefvolkswirt des Wirtschaftsverbandes Svenskt Näringsliv.

In den vergangenen Jahrzehnten haben einige sehr reiche Schweden ihre Heimat wegen der hohen Steuern verlassen.

IKEA-Gründer Ingvar Kamprad zog in die Schweiz und sein Unternehmen ging in die Niederlande, die Familie Rausing, die den Verpackungshersteller Tetra-Pak ins Leben gerufen hat, wohnt nunmehr in England. Wie viele andere haben sie sich nicht wieder in ihre Heimat aufgemacht. Auch nach der Streichung der Erbschaftsteuer, so Fölster, sei nur wenig Geld wieder zurück nach Schweden geflossen. "Doch ich denke, dass nun weniger Geld das Land verlassen wird als wenn es die Steuer noch gäbe", so der Ökonom.