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Der nötige Wertewandel

Von Simon Rosner

Politik
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Wer Hof und Grund erbt, könnte künftig tiefer in die Tasche greifen müssen als bisher.
© Corbis/Schlenker

Gemeindebund-Chef Mödlhammer glaubt nicht an Lösung vor der Wahl.


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Wien. Für ein paar Wochen war das Fenster offen. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich gerade wieder dazu veranlasst gesehen, wegen des veralteten Einheitswertes ein Steuergesetz aufzuheben. Bei der Grunderwerbssteuer war es zu verfassungswidrigen Ungleichheiten bei der Bewertung von Grundstücken gekommen, weshalb der VfGH dieses Gesetz kippte und der Regierung ins Hausaufgabenheft schrieb, den realitätsfernen Einheitswert - er ist seit 1973 faktisch nicht angehoben worden - näher dem tatsächlichen Wert einer Immobilie zu bringen. Das war Ende des Vorjahres, nachdem die Höchstrichter zuvor schon Erbschafts- und Schenkungssteuer, Stiftungseingangssteuer sowie die Grundbucheintragungsgebühr aus dem gleichen Grund aufgehoben hatten.

Strebsam kündigte die Regierung auch umgehend an, sich "sofort mit dem Thema zu befassen", wie es damals hieß. Und es wurden auch Arbeitsgruppen eingerichtet, Verhandlungen geführt und zwischenzeitlich konnte sogar eine Einigung erzielt werden. Doch dann entfernten sich SPÖ und ÖVP wieder, das Fenster der Möglichkeiten fiel zu, und nachdem die Regierungsparteien das Thema Wohnen zur Wahlkampfdisziplin erhoben haben, ist es nun fest verschlossen.

Denn eine Anhebung des Einheitswertes ohne begleitende Steuerreform würde auch eine höhere Grundsteuer bedeuten und damit das Wohnen deutlich teurer machen. "Ich habe appelliert, aber die Regierung scheut das wie der Teufel das Weihwasser", sagt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Er glaubt nicht mehr, dass vor der Nationalratswahl Ende September das Gesetz noch repariert wird. "Es bringt dem Bund ja auch nichts - außer Arbeit." Die Grundsteuer ist eine Gemeindeabgabe, und selbst von der Grunderwerbssteuer, die anfällt, wenn Immobilien verkauft, verschenkt oder vererbt werden, landen 96 Prozent bei den Gemeinden.

Die Frist, die die Verfassungsrechtler der Regierung eingeräumt haben, war zwar mit Bedacht auf realpolitische Gegebenheiten recht großzügig bemessen - sie endet am 31. Mai 2014 -, doch die Zeit ist dennoch recht knapp. Es wird ja auch dauern, bis die neue Koalition steht und die Regierung angelobt ist. Dass der Gemeindebund-Chef angesichts dessen ein wenig nervös wird, ist aufgrund der wichtigen Einnahmen durch die Grunderwerbssteuer durchaus verständlich, und dann sind da ja noch die 570 Millionen Euro, die jährlich über die Grundsteuer an die Gemeinden fließen. "Wenn die wegbrechen, dann ist die Krise aber wirklich da, und dann müssten wir auch sofort den Stabilitätspakt aufkündigen." Diese Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden regelt den Defizitabbau bis zum Jahr 2016.

Mehr Einnahmen

So weit wird es aber gar nicht kommen, wie Nachfragen der "Wiener Zeitung" bei Verfassungsrechtlern und Steuerexperten ergaben. Die Grundsteuer dürfte nach allgemeiner Einschätzung auch mit veraltetem Einheitswert verfassungskonform sein, und sollte die Regierung das Ultimatum für die Grunderwerbssteuer tatsächlich versäumen, könnten die Gemeinden kurioserweise sogar profitieren. Denn in diesem Fall würde bei der Grunderwerbssteuer bei Schenkungen und Erbschaften der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, nicht wie bisher der in der Regel viel geringere Einheitswert. "Die Grundbesitzer würden draufzahlen", sagt David Gloser. Er ist Geschäftsführer der Steuerberatungskanzlei Ecovis Scholler & Partner.

An einer Reparatur des Einheitswertes führt dennoch kein Weg vorbei. Jan Krainer, Finanzsprecher der SPÖ, will diese veraltete Pi-mal-Daumen-Bemessungsart überhaupt streichen. "Wir müssen weg vom Einheitswert, das war einmal", sagt er. 1973, als dieser Wert festgesetzt worden war, hatte das einen sehr praktischen Zweck: Man ersparte sich administrativen Aufwand. Doch Jahr für Jahr entfernte sich der Einheitswert vom tatsächlichen Verkehrswert. "In einer Gemeinde wie Blumau sind die Werte vielleicht ums Zehnfache gestiegen, in Eisenerz um das Zehnfache gesunken", sagt Mödlhammer. "Heute", ergänzt Krainer, "könnte man statt dem Einheitswert genauso gut würfeln". Dabei gebe es mittlerweile ganz andere Möglichkeiten aufgrund der Daten im Grundbuch, sagt der SPÖ-Mandatar.

Steuerreform notwendig

Den Einheitswert durch den Verkehrswert zu ersetzen, ist aber nicht so einfach. Bei einem vom Finanzministerium vor einigen Jahren erwähnten Fall war der tatsächliche Wert eines Grundstücks fünfmal höher, dementsprechend würde auch die Grundsteuer um diesen Multiplikator ansteigen. Helmut Mödlhammer würd’s freuen, doch diese Aussicht verursacht bei Gloser Bauchweh. "Wenn Mehreinnahmen entstehen, weiß ich nicht, ob das so rasch kompensiert wird. Die öffentliche Hand ist schon sehr weit offen", sagt der Steuerberater. "Es wäre überhaupt nicht einzusehen, wenn dadurch nur ein einziger Euro mehr für den Staat herauskommen würde."

Bei einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, die eine Abschaffung des Einheitswertes in den meisten Fällen bedeuten würde, könnte die Regierung freilich an den Steuersätzen schrauben. Es wäre auch problemlos durchrechenbar, wie weit man die Prozentsätze senken müsste, damit am Ende für die öffentliche Hand ein Nullsummenspiel herauskommt. "Das wäre die pragmatische Lösung", sagt Gloser.

Doch dann stellt sich die Frage, welche Steuersätze um wie viel gesenkt werden sollen. "Das ist dann die politische Diskussion", sagt Krainer. Progressive Steuersätze? Ausnahmen? Wer wird begünstigt? Diesen Fragen wird sich die neue Regierung stellen müssen, selbst wenn man beim System des Einheitswertes bleibt und diesen in einer neuen Hauptfeststellung an die Realität heranführen würde. Auf Anfrage verweist das Finanzministerium darauf, dass Experten an einer Reform arbeiten würden. Mehr könne man derzeit noch nicht mitteilen.