Zum Hauptinhalt springen

Der ORF im Würgegriff des Geldes

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Der 11. Dezember könnte für ORF-Chef Alexander Wrabetz ein düsterer Tag werden. Denn da tagt der mächtige ORF-Stiftungsrat zum nächsten Mal - und nach Informationen der "Wiener Zeitung" überlegen die fünf Betriebsräte im Gremium, einen Abwahlantrag gegen den eigenen Chef zu stellen. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass dieser die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit findet, es illustriert allerdings schön, wie nach dem angekündigten Sparpaket, das 1000 der 3400 Beschäftigten treffen soll, agiert wird. Ein ranghoher ORF-Mitarbeiter bringt es auf den Punkt: "Es herrscht Anarchie und Verunsicherung." Motto: Jeder gegen jeden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bei Tageslicht betrachtet ist das von Wrabetz vorgeschlagene Sanierungspaket kein Massaker, wie es nun vielerorts dargestellt wird. Wenn 250 Stellen durch natürlichen Abgang eingespart werden und weitere 200 Kollegen mit "Golden Handshake" gehen, hätte es schlimmer kommen können. Die meisten Mitarbeiter, die nun aus dem ORF "ausgelagert" werden (wie Teile der Technik, das Orchester oder die Ausstattung), dürften ihre Jobs behalten, wenngleich für sie nicht mehr alle finanziellen Mehrleistungen greifen.

Haariger wird es da schon in punkto der geforderten Null-Lohn-Runde für alle: Hier gibt es immerhin einen Gewerkschafts-Beschluss, dass nicht unter der Inflationsrate abgeschlossen werden darf. Man kann auf die Verhandlungen mit den tobenden Betriebsräten gespannt sein.

Dass man jetzt wieder mehr auf Freie Mitarbeiter setzen will, ist zwar ein frommer Wunsch. Dass deren Status aber immer in einem gewissen Graubereich angesiedelt ist, ist klar. Dadurch werden zwei Menschen für dieselbe Leistung unterschiedlich entlohnt. Nicht ganz ohne Zwang wurde dieser Status erst 2004 abgeschafft und 1247 "Freie" wurden angestellt.

So stellt sich die Frage nach der Bewertung des Sparpakets aus Sicht der Nachhaltigkeit. Diese fällt zwiespältig aus: Zwar werden nun einige Kostenfaktoren angegangen, die große Strukturreform, die den ORF aus der Kostenfalle befreien würde, ist es auch wieder nicht. Kein Wunder, dass ORF-Chef Wrabetz davon träumt, den Küniglberg aufzugeben und den ORF auf der grünen Wiese völlig neu zu errichten. Denn den gewachsenen Strukturen, die mit schöner Regelmäßigkeit Kosten deutlich über dem Marktwert generieren, kann man ohne komplette Neukonstruktion wohl kaum Herr werden.

Unangenehme Fragen werden nicht gestellt. Wie jene nach der Sinnhaftigkeit von neun bis zum letzten Buchhalter voll ausgestatteten Landesstudios (davon drei in einem 50-Kilometer-Radius um die Wiener Zentrale). Denn die Landespolitiker wollen das so haben. Diese heiße Kartoffel reicht Wrabetz an künftige ORF-Chefs weiter.