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Im Ostkongo spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab: Zehntausende Menschen wurden durch die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen vertrieben. Die Flüchtlinge sind unterernährt, und erste Seuchen wie Cholera brechen aus. Gleichzeitig ist der Rebellenführer Laurent Nkunda mit seinen Milizen bis vor die Tore der Provinzhauptstadt Goma vorgerückt, wo sich viele Flüchtlinge befinden. | Es ist ein unheilvolles Gemisch von ethnischen Konflikten und der Gier nach Bodenschätzen, das den Ostkongo in den Abgrund treibt.
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Zunächst ist der Konflikt im Nachbarland Ruanda auf den Ostkongo übergeschwappt. Dort metzelte 1994 die Hutu-Regierung samt ihrer Milizen 800.000 Tutsi sowie moderate Hutu ab. Schließlich stürzte eine Tutsi-Miliz unter der Führung des heutigen ruandischen Präsidenten Paul Kagame das Hutu-Regime.
Viele der Völkermörder setzten sich jedoch in den Ostkongo ab und gründeten dort die bis heute aktive Hutu-Miliz Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR). Der Hass auf die Tutsi blieb - die FDLR greift immer wieder kongolesische Tutsi an.
Der Tutsi Nkunda, der zuletzt bis nach Goma marschiert ist, rechtfertigt seine Feldzüge damit, dass er seine Ethnie schützen müsse. Er wirft der kongolesischen Regierung vor, dass sie mit der FDLR gemeinsame Sache mache. Sollte Präsident Joseph Kabila nicht mit ihm verhandeln, droht der Rebellenchef unverhohlen mit dem Marsch auf die Hauptstadt Kinshasa.
Nkunda wird laut UN-Untersuchungen von der Tutsi-Regierung Ruandas unterstützt, der die Hutu-Milizen ebenfalls ein Dorn im Auge sind. Nun sollen am Freitag bei einem Friedensgipfel im kenianischen Nairobi, an dem auch die EU und die UNO teilnehmen werden, Ruanda und Kongo miteinander verhandeln.
Doch müssten sich die beiden Länder nur an eine schon im November vergangenen Jahres getroffene Vereinbarung halten. Ruanda hat sich damals verpflichtet, keine Kämpfer und kein Kriegsmaterial mehr über die Grenze zu lassen. Der Kongo sagte zu, die Hutu-Milizen zu entwaffnen (fraglich ist aber, ob die schwache Armee des Kongo dazu in der Lage ist).
Der Konflikt zwischen Hutu und Tutsi ist aber nicht die einzige Front: Neun verschiedene Milizen haben im Jänner das Friedensabkommen für Nord-Kivu unterschrieben. Dieses ist gescheitert: Die Rebellen sollten in die nationale Armee integriert werden, was nicht geklappt hat. Mehr noch: Das Abkommen wurde laut Beobachtern von verschiedenen Gruppen mehrfach gebrochen. Die meist nach ethnischen Gesichtspunkten zusammengesetzten Milizen kämpfen manchmal mit-, manchmal gegeneinander, manchmal für, manchmal gegen die Regierung, die Fronten wechseln ständig.
Doch sie alle vereint die Gier nach Bodenschätzen. Im Ostkongo befinden sich große Vorkommen von Gold oder Kupfer. Mit dem illegalen Abbau und Schmuggel der Bodenschätze lässt sich prächtig verdienen und die Kriegskasse füllen - was die Kämpfe weiter anheizt.
Den Soldaten der UN-Mission Monuc wird indes von der Bevölkerung vorgeworfen, sie nicht genügend zu schützen. Auch die schlecht organisierte Armee des Kongo kann die Rebellen nicht aufhalten. Nicht einmal ein Schutz der Bevölkerung ist die Armee - das Militär plündert und mordet wie die Milizen. Zwischen den Fronten wird die leidgeplagte Zivilbevölkerung zerrieben. Und während ständig gekämpft wird und die Gefahr neuer Zusammenstöße wächst, steigen Hunger und Zahl der Vertriebenen.