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Lebensminister investiert 2,4 Millionen Euro in die Forschung zum Bienensterben.
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Wien. Er sei "fast im Bienenstock aufgewachsen", sagte Lebensminister Andrä Rupprechter am Donnerstag (sein Taufpate war Imker), um sein "Herzensanliegen", wie er es nannte, zu präsentieren: den Pakt für die Bienen. Genau genommen ist es das Forschungsprojekt "Zukunft Biene", im Zuge dessen man den Ursachen für die Wintersterblichkeit der Bienen auf den Grund gehen will. Es läuft von 2014 bis 2017, federführend ist Karl Crailsheim von der Uni Graz. Auch das Wegenerzentrum in Graz sowie die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) sind beteiligt. Die Kosten von 2,4 Millionen Euro teilen sich Ministerium, Bundesländer und Imker-Dachverband "Biene Österreich".
Der neue Lebensminister will offensichtlich bewusst einen ganz anderen Weg als sein Vorgänger Nikolaus Berlakovich beschreiten, den das Thema Biene fast sein Amt gekostet hätte. "Zukunft Biene" knüpft daher nicht an das Projekt "Melissa" von 2009 bis 2011 an, bei dem die Ages im Auftrag des Ministeriums die Zusammenhänge zwischen Bienenkrankheiten und Pflanzenschutzmitteln (Pestiziden) erforscht und bestätigt hatte. "Zukunft Biene" holt weiter aus. Nicht nur eine konkrete Frage wie nach der Auswirkung von Pestiziden, sondern ein Komplex an möglichen Ursachen für das Sterben steht diesmal im Fokus. Das Zusammenspiel zwischen Schädlingen wie der Varroa-Milbe, dem Verlust von Lebensräumen und der Landwirtschaft soll analysiert werden. Gleichzeitig will man sich international austauschen und Maßnahmen erarbeiten. "Weg von der Monokultur, hin zur Fruchtfolge - das ist der richtige Weg", so Rupprechter, der sich für naturnahe Produktionsmethoden ausspricht und klar von Pestiziden distanziert.
Gegen Pestizid-Neuzulassung
Aktuell sei eine Ablehnung der Neuzulassung des Mittels Goldor Bait mit dem Wirkstoff Fipronil vom Bundesamt für Ernährungssicherheit in Vorbereitung. "Eine Zulassung wäre bedenklich", sagte Rupprechter über das Mittel zur Saatgutbeizung, das bei Erdäpfeln gegen den Drahtwurm eingesetzt wird. Zudem gibt es mehr Geld aus dem Agrar-Fördertopf. Imker bekommen im Zeitraum von drei Jahren um 360.000 Euro mehr, die Hälfte zahlt die EU.
Diese zusätzliche Unterstützung hatte Rupprechter im Jänner gleich zu Beginn seiner Amtsperiode angekündigt. "Für mich persönlich ist Biene mehr als Honig", sagte er, um sich klar zu positionieren - und von seinem Vorgänger abzuheben. Das Thema Biene hatte stark an Berlakovichs Image gekratzt. Konkret waren es die Neonicotinoide, die in der Landwirtschaft gegen Schädlinge (Maiswurzelbohrer-Käfer) eingesetzt wurden und für Bienen schädlich sein können.
Der ehemalige Minister hatte zuerst dem EU-Vorschlag, drei konkrete Neonicotinoide für zunächst zwei Jahre zu verbieten, nicht zugestimmt. Erst nach heftigen Protesten der Opposition, von Imkern und Umweltschützern schwenkte er um. Das war im Mai des Vorjahres - die Opposition hatte schon damals den Abgang des Ressortchefs gefordert. Der Vorwurf, dass Sponsoring seitens der Chemiekonzerne für seine ursprüngliche Ablehnung gegen das Verbot verantwortlich gewesen sei, stand im Raum. Berlakovich wies diesen stets zurück.
Doch das alles gehört der Vergangenheit an. Mit Dezember 2013 trat das Neonicotinoid-Verbot der EU in Kraft. Im selben Monat wurde Rupprechter angelobt. In dem Verbot sieht der Minister eine gute Basis, das Bienensterben deutlich zu reduzieren, wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" betont. Sein Ziel: bis zum Ende der Legislaturperiode 2018 die Zahl der Bienenvölker auf mehr als 400.000 zu erhöhen.
Derzeit gibt es 377.000 Völker und 25.000 Imker. Der heurige milde Winter hat für höhere Ausfallraten gesorgt, weil sich die Varroa-Milben fleißig vermehrten. Doch auch die Jahre zuvor waren von Ausfällen geprägt. Vor zehn Jahren gab es laut "Biene Österreich" noch 30.000 Imker, die mehr Völker besaßen. Der jährliche Bienenverlust liege bei 17 Prozent. Die Nachbarländer beklagen eine ähnliche Situation. Der Landesverband Bayerischer Imker spricht sogar von halb so vielen Bienen wie vor zehn Jahren. Ein Horrorszenario in den Augen Rupprechters. Denn: "Die Biene ist ein maßgeblicher Bestandteil der Landwirtschaft."
Bienenarten
Die Bienen (Apiformes) bilden eine Insektengruppe, in der weltweit rund 20.000 Hautflügler-Arten zusammengefasst werden. In Österreich gibt es die Westliche Honigbiene (Apis mellifera), die Imkereien entstammt, und die Wildbienen, die mit rund 700 Arten vertreten sind. Die Wildbienen - von denen es zwar viele Arten, aber nur wenige Individuen gibt - leben einzeln, die Honigbiene bildet Staaten.