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Ein neues Berufsbild ist im Entstehen: Geragogin, etwas seltener Geragoge. Es geht um entsprechend ausgebildete Personen, die ältere Menschen auf geistiger Ebene begleiten und fördern.
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Analog zur "Pädagogik", die sich mit der Bildung von Kindern befasst, gibt es seit kurzem die "Geragogik": Darunter versteht man "Maßnahmen und Formen professioneller Intervention, die zur Bildung, Orientierung und Entwicklung älterer Menschen beitragen". In Wien wurde jüngst der erste Akademielehrgang "Geragogik" vorgestellt. Es handelt sich um ein ökumenisch-kirchliches Kooperationsprojekt, das der Wiener Soziologe Franz Kolland wissenschaftlich begleitet.
Für Kolland geht es um eine "konsequente Fortsetzung des lebenslangen Lernens". Ältere Menschen seien eine schwierige Zielgruppe. Mit dem Projekt wolle man auch Leute ansprechen, die man sonst nicht erreiche.
Der Kurs wendet sich an Personen, die schon im Lehrberuf oder im Erziehungsbereich ausgebildet sind. Er dauert vier Semester und kostet pro Semester 350 Euro. In der Broschüre dazu heißt es: "Der Lehrgang dient der Entfaltung brachliegender Potenziale der zweiten Lebenshälfte, indem er seine AbsolventInnen befähigt, ältere Menschen mit ihrer Lebensgeschichte und ihren Stärken wahrzunehmen, angemessene Bildungsangebote zu konzipieren und dialogisch umzusetzen."
Der evangelische Oberkirchenrat Michael Bünker sprach von einem "Paradigmenwechsel". Mit dem Lehrgang sollen ältere Menschen als "Subjekte ihrer eigenen Lebensgeschichte" ernst genommen werden. Für Michael Chalupka, den Chef der Diakonie, geht es um Steigerung der Kompetenz und Lebensfreude älterer Menschen. Die Altenhilfe sei ohne die kirchlichen Institutionen Caritas und Diakonie in Österreich nicht denkbar. Sie hätten die erste Schule für Altenhilfe in Österreich gegründet und auch nun Vorreiter in der Geragogik. Bildung gehört letztlich zum ganzen Leben.
Die Leiterin des Schulamtes der Erzdiözese Wien, Christine Mann, wies auf die großen demografischen Veränderungen und das Ziel der Geragogik hin, ältere Menschen zu befähigen, möglichst lange selbständig leben zu können.
Die Verantwortlichen des Kurses erwarten, dass Absolventinnen und Absolventen mit sehr großer Nachfrage und Einsätzen in vielen verschiedenen Bereichen rechnen können.