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"Der politische Feind heißt Strache"

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Die Grünen stehen im Karikaturenstreit auf der Seite der | Frauen- und Bildungspolitik als Wahlkampfthemen. | "Wiener Zeitung":Was unterscheidet eigentlich Jesus und Mohammed? | Alexander Van der Bellen: Beide sind Symbolfiguren großer Religionen. Und beide sind - im Prinzip jedenfalls - karikierbar. Ein bißchen Anstandsgefühl darf man aber schon erwarten.


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Anstandsgefühl ist demnach Voraussetzung?

Natürlich gehen wir Grünen als Bürgerrechtspartei für die Presse- und Meinungsfreiheit auf die Barrikaden. Ein Wermutstropfen ist es aber schon, dass wir das ausgerechnet für diese Rabauken aus Dänemark machen müssen.

Ist dieser Konflikt nicht ein Hinweis darauf, dass der multikulturelle Integrationsansatz der Grünen zum Scheitern verurteilt ist?

Das hängt davon ab, was man darunter versteht. Europas Kultur war immer multikulturell. Die russische Literatur gehörte im 19. Jahrhundert selbstverständlich zu Europa. Heute lesen wir eben Schriftsteller wie den Türken Orhan Pamuk oder den indisch-stämmigen Briten Salman Rushdi. Wenn wir daher multikulturell mit der Betonung auf kulturell verstehen, ist es eine Selbstverständlichkeit. Strache und Co sind hier ja geradezu hinterwäldlerisch.

Trotzdem werden jetzt kulturelle Traditionen verhandelt und Grenzen neu gezogen - etwa im Hinblick auf das Tragen von Kopftüchern und Kruzifixen in Schulen.

Als nichtgläubiger Mensch will ich mir von Fundamentalisten keiner Seite etwas vorschreiben lassen.

Das ändert aber nichts am Problem, dass muslimische Buben ihre Lehrerinnen schon in der Volksschule nicht anerkennen, eben weil sie Frauen sind.

Ich kenne das Problem, meine Frau war selbst an einer Volksschule mit sehr hohem Ausländeranteil tätig. Hier muss man klare Grenzen ziehen - allerdings mit viel Taktgefühl. Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern ist nicht verhandelbar. Den Bikini werden wir muslimischen Mädchen nicht aufzwingen, aber dass sie genau so schwimmen lernen wie Buben ist wichtig.

Spätestens im Herbst wird gewählt. Mit welchen Themen werden die Grünen um Stimmen werben?

Auf jeden Fall mit der Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Einerseits stoßen Frauen noch immer an die gläserne Decke, andererseits schaffen sie den Anschluss nach einer Babypause nicht. Da muss das Kindergeld neu überdacht und es müssen mehr Anreize für Väter geschaffen werden, in Karenz zu gehen. Dazu wird es einen Leitantrag beim Bundeskongress am 4. und 5. März in Linz geben.

Ein zweiter Antrag wird sich mit Bildung beschäftigen. Unsere Kinder verdienen bessere Schulen. Es müssen Konsequenzen aus den Pisa-Studien gezogen werden. Wenn ich höre, dass in Österreich 100 Millionen für Nachhilfe ausgegeben werden, dann weiß ich, dass am System etwas nicht stimmt. Es fehlt vor allem an Ganztagsschulen.

Das lässt sich aber nicht so einfach bewerkstelligen, dazu müsste die Schulorganisation völlig umgebaut werden.

Das ist sicher ein Projekt für zwei Legislaturperioden. Ganz wichtig ist die Stärkung der Autonomie der Schulen. Lehrplan, Stundeneinteilung, Lehrerrekrutierung mit einem Spielraum bei der Besoldung müssen von den Schulen festgelegt werden können.

Im Leben wie in Wahlkämpfen sollten dieselben Fehler nicht wiederholt werden. Wie wollen Sie es diesmal schaffen, dass die Grünen nicht wieder im Wahlkampffinale zurückfallen?

Ich hoffe natürlich, dass das nicht passiert. Aber wir haben nun einmal weniger Geld als ÖVP und SPÖ. Wir werden für den Wahlkampf nur etwa zweieinhalb Millionen ausgeben, die setzen ein Vielfaches davon ein.

Die FPÖ kann aber im Finale meistens zulegen.

Die FPÖ wird sich wieder auf Ressentiments gegen Ausländer und Europa konzentrieren. Hier stehen wir klar auf der anderen Seite des Grabens. Wir werden klar machen, dass Ausländer nicht nur ein Problem, sondern auch eine Bereicherung sind und dass Österreich ein Einwanderungsland ist und war.

Die Grünen hoffen auf Rückenwind durch Konfrontation mit der Strache-FPÖ?

Es hat keinen Sinn, die FPÖ zu ignorieren. Ich führe die Auseinandersetzung mit Strache seit dem Wiener Wahlkampf, wo ich ihn - durchaus untypisch für mich - als "politischen Feind" bezeichnet habe. Mit dieser Art von Politik gibt es keine Kompromisse. Aber auch das Bestreben von ÖVP und SPÖ, ihren rechten Rand gegen die FPÖ abzusichern, schafft Platz für grün-liberale Politik.

Sie treten beim Bundeskongress wieder als Bundessprecher und Spitzenkandidat an. Sollten die Grünen den Sprung in die Regierung nicht schaffen, werden Sie dann nocheinmal als Bundessprecher kandidieren?

Der nächste Bundeskongress wäre 2008. Bei allem Respekt, Sie kennen das Spiel: Zuerst kommt die Wahl, dann wird man sehen. Wir werden völlig ungeschminkt die Machtfrage stellen. Klar ist, aus der Regierung heraus können wir mehr Grüne Politik umsetzen als aus der Opposition.

Beobachter zweifeln, dass es Ihnen - sollte sich Schwarz-Grün ausgehen - gelingt, die Partei auf diesen Kurs auch einzuschwören.

Es ist ganz einfach: Erst wird gewählt, dann wird entweder mit der ÖVP oder mit der SPÖ verhandelt. Und bei einem erfolgreichen Abschluss muss der Bundeskongress ja oder nein sagen. Soviel Fingerspitzengefühl können Sie dem Grünen Führungsteam schon zutrauen, dass es dann die Situation richtig einschätzt. Und die wenigen, die bei einer solchen Entscheidung dagegen stimmen, werden trotzdem das Ergebnis loyal mittragen.