Land droht wegen Abkehr vom Sparkurs Herabstufung auf Ramschniveau - hohe Zinsen könnten Unruhe an Europas Märkten auslösen.
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Berlin. (reu) Neben Griechenlands Defizitproblemen und Spaniens Hängepartei bei der Budgetkonsolidierung droht nun auch ein Wiederaufflackern der Schuldenkrise in Portugal. Das Land könnte dadurch am Kapitalmarkt unter Druck geraten. Ausgerechnet die nur Experten bekannte kleine Ratingagentur DBRS wird womöglich den Zündfunken dafür liefern: Sie entscheidet mit ihrer Bewertung der Bonität Portugals darüber, ob das hoch verschuldete Land aus dem Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) herausfällt und damit wieder Ziel spekulativer Attacken von Investoren werden könnte.
Portugal hat eine tiefe Wirtschaftskrise durchgemacht, bevor es wieder auf die Beine kam. Das Land ist jedoch - ebenso wie Spanien - wegen überhöhter Defizite in Brüssel schon wieder unter verschärfter Beobachtung.
"Weiter ein Risikokandidat"
Zwar hat Portugal unter der neuen linken Regierung "nur" eine Haushaltslücke von 2,2 Prozent für dieses Jahr signalisiert. Doch Experten hegen Zweifel, ob dieses Ziel zu halten ist: "Eine ganze Reihe von Sparmaßnahmen wurden zurückgenommen. Es gibt die Gefahr, dass die Regierung auch weitere Reformen zurückdrehen wird", sagt Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.
In dieser heiklen Situation entscheidet die kanadische DBRS am Freitag, ob sie das Rating für portugiesische Anleihen auf Ramsch-Status herabstuft. Nur Staatsbonds von Ländern mit hoher Kreditwürdigkeit - im Fachjargon "Investment Grade" genannt - kommen für die EZB-Anleihenkäufe im Regelfall in Frage. Die drei übrigen Agenturen, deren Einschätzung die Währungshüter für ihr Bond-Programm heranziehen, haben Portugal diesen Status bereits entzogen. Auf die Kanadier kommt es jetzt an, da sich die EZB nach dem besten Rating der vier Agenturen richtet.
Obwohl Portugal eine Schuldenlast von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung drückt, kann es sich an den Märkten zu recht günstigen Konditionen mit frischem Geld eindecken. Für zehnjährige Anleihen wird ein Risikoaufschlag von 3,29 Prozent fällig. Zum Vergleich: Bei Werten jenseits von zehn Prozent musste Portugal 2011 unter den Rettungsschirm flüchten. Erst 2014 konnte es das Hilfsprogramm der EU verlassen, nachdem es mit rund 78 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet worden war.
Vor diesem Hintergrund sei es noch nicht ausgemacht, dass DBRS der Regierung in Lissabon weiter die nötige Bonität bescheinige, warnt Ökonom Solveen: "Portugal ist weiter ein Risikokandidat." Die Teilnahme am EZB-Programm biete eine gewisse Sicherheit, dass die Investoren dem Land trotz der von der Links-Regierung eingeleiteten Abkehr vom Sparkurs die Stange hielten: "Wenn da etwas ins Wackeln gerät, kann Unruhe an den Märkten entstehen."
Strukturreformen verschleppt
Nach Einschätzung von DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier hat sich die Europäische Zentralbank zu lange der Illusion hingegeben, dass sie die Schuldenprobleme an der Südflanke der Euro-Zone mit viel Geld zudecken könne. Sie habe darauf gesetzt, dass die betroffenen Länder die Niedrigzinsphase nutzten, um Strukturreformen anzugehen: "Bisher hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Vielmehr steigen mit dem Andauern der Niedrigzinspolitik die ökonomischen Kosten".