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Der Präsident als eierlegende Wollmilchsau

Von Herbert Lackner

Gastkommentare
Herbert Lackner war von 1992 bis 2015 Chefredakteur von "profil" und ist jetzt freier Autor.

Manche Versprechungen im Wahlkampf entbehrten nicht eines gewissen Humors.


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Österreich kann aufatmen - jetzt sind wir ihn bald los. Noch 28 Mal Schlafengehen und Heinz Fischers Präsidentschaft, die das Land in den vergangenen zwölf Jahren so viele Chancen verpassen ließ, ist Geschichte. Erst die Kandidaten für die im Juli beginnende nächste Bundespräsidentschaft - jedenfalls einige von ihnen - haben uns mit ihren Ankündigungen die Augen geöffnet, was unter einem Bundespräsidenten ihres Zuschnitts alles möglich gewesen wäre: die Schaffung hunderttausender Arbeitsplätze; die Sicherung und stete Erhöhung aller Pensionen; ein perfektes Pflegesystem, das unseren Alten einen wunderbaren Lebensabend ermöglicht; fette Investitionen in Schulen und Universitäten. Das alles hat Heinz Fischer verschlafen.

Und da reden wir noch gar nicht über das Thema Nummer eins. Denn natürlich hätte ein richtiger Bundespräsident auch die Flüchtlingskatastrophe verhindert, er hätte wahlweise Recep Erdogan oder Angela Merkel seine Meinung gesagt - aber wie! - und anschließend mit Barack Obama und Wladimir Putin den Friedensprozess in Syrien eingeleitet und zwar presto.

Hätte der Wahlkampf noch etwas länger gedauert, hätten uns besagte Kandidaten auch noch die Abschaffung des Heuschnupfens und die Einführung von Freibier in allen Gaststätten versprochen. Bei den Veranstaltungen der Herren Lugner und Hofer floss es ohnehin bereits kübelweise. Dass uns Letztgenannter bei der ORF-"Elefantenrunde" (kann sich da bitte bald jemand einen anderen Begriff überlegen?) mit der etwas düsteren Verheißung zurückließ: "Sie werden sich wundern, was da alles gehen wird", lässt vermuten, dass die Ideen auf der nach oben offenen Unsinnsskala noch lange nicht ausgereizt sind.

Aber es gibt ja ohnehin noch einen zweiten Wahlgang.

Freilich war auch der Berufsstand der Journalisten nicht ganz unbeteiligt daran, dass die Kandidaten und die Kandidatin streckenweise wie Operetten-Buffos aussahen: Da mussten äthiopische Körnerspeisen mit den Fingern gegessen werden, Nationalhymnen erkannt und lustige Witze erzählt werden. Bei der ORF-
"Wahlfahrt" war im Handschuhfach ein "Orakel" installiert, das dem Kandidaten die "Zukunft" vorhersagte, sobald er den Finger darauf legte.

Wem fällt so etwas ein? Kein Interview, in dem nicht ausgelotet wurde, wen die einzelnen Kandidaten nicht angeloben würden, wann sie den Kanzler feuern, das Parlament auflösen und die Regierung zum Teufel jagen würden. Immer absurdere Konstellationen wurden bei den Befragungen konstruiert, um die Probanden zum Schwitzen zu bringen.

Merkwürdigerweise wurde kaum je abgeprüft, was ein Präsident wirklich können muss: nämlich in jeder Situation das Augenmaß bewahren, Autorität dann einsetzen, wenn sie wirklich notwendig ist, und auch in heiklen Situationen die richtigen Worte finden. Er muss der Regierung die Meinung sagen - aber so, dass niemand sein Gesicht verliert. Und er hat sich immer im Klaren darüber zu sein, wo seine Macht endet und die des Parlaments be-
ginnt. Heinz Fischer hat das gekonnt - auch wenn er nicht hunderttausende Jobs geschaffen und den Heuschnupfen abgeschafft hat.