)
Die Weltklimakonferenz und die Bedeutung der internationalen CO2-Bepreisung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Angesichts des jüngsten Anstiegs der Stromkosten gewinnt die Debatte um die CO2-Bepreisung mehr Aufmerksamkeit denn je. Worum geht es genau? Wie ist dies mit den Strompreisen verknüpft? Und was können wir von den Diskussionen über CO2-Preise auf der UN-Weltklimakonferenz COP26 erwarten?
Die CO2-Bepreisung als Instrument zur Verringerung der Emissionen zielt darauf ab, deren externen Kosten zu erfassen, indem ein Preis für eine Einheit emittierter CO2-Äquivalente festgelegt wird. Die beiden wichtigsten Ansätze sind die CO2-Besteuerung sowie "Cap and Trade"-Systeme, die den Markt auf unterschiedliche Weise beeinflussen und mit eigenen Herausforderungen konfrontiert sind.
Die CO2-Besteuerung bestimmt einen festen Preis für CO2-Emissionen und überlässt es dem Markt, die Menge der tatsächlichen Emissionsreduktionen zu bestimmen. Was dafür spricht: Wenn der von einer Behörde festgelegte Preis für Umweltverschmutzung die richtige Höhe hat, werden alle externen Effekte hierdurch erfasst (was jedoch schwierig ist). Was dagegen spricht: Es ist nicht kosteneffizient, es gibt keinen klaren Überblick über den Umfang der Emissionsverringerung, und der Markt entscheidet, wie viel reduziert wird.
"Cap and Trade" wiederum legt die Menge der zulässigen Emissionen fest (also die Obergrenze) und kontrolliert somit die Reduktionen. Außerdem kann der Markt den Preis bestimmen, indem er den Handel mit Emissionszertifikaten ermöglicht. Was dafür spricht: Bei den festgelegten erlaubten Emissionsmengen (Obergrenze) legt der Markt den Preis fest, er ist also kosteneffizient. Was dagegen spricht: Die Festlegung einer angemessenen Obergrenze ist von entscheidender Bedeutung und deshalb schwierig. Marktfaktoren beeinflussen die Preisbildung, und die Vermeidungskosten können den geschätzten Nutzen der Verringerung übersteigen.
Trotz zahlreicher nationaler Initiativen zur CO2-Besteuerung (35, um genau zu sein) wird im internationalen Kontext oft ein "Cap and Trade"-System bevorzugt (29 bestehende Initiativen). Europa hat bereits im Jahr 2008 ein solches System eingeführt: das Europäische Emissionshandelssystem (EU-EHS). Nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten hat es sich allmählich zu einem robusten System entwickelt.
Das EU-EHS stellt sicher, dass alle verfügbaren CO2-Zertifikate auf dem Markt gehandelt werden können. Das bedeutet, dass die Verursacher entweder Emissionsrechte kaufen oder in die Emissionsreduzierung beziehungsweise -vermeidung investieren können. Das System ist nicht perfekt: Es werden immer noch kostenlose Zertifikate zugeteilt, um das Risiko von Verlagerungen in andere Länder mit laxeren Emissionsbeschränkungen aus Kostengründen zu vermeiden: Industrieanlagen, bei denen ein solches erhebliches Risiko besteht, erhalten eine Sonderbehandlung zur Förderung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Glücklicherweise wird die EU die kostenlosen Zertifikate bis 2025 reduzieren und eine Grenzsteuer auf CO2 einführen, um dieses Vorgehen in Zukunft zu limitieren.
Strom-, Gas- und CO2-Preise
Betrachten wir den Zusammenhang zwischen CO2-Preisen und dem jüngsten Anstieg der Strompreise:
In Europa müssen Versorgungsunternehmen für die Nutzung fossiler Brennstoffe Emissionszertifikate erwerben.
Die hohen Strompreise sind größtenteils eine Folge des durch Engpässe bedingten Gaspreisanstiegs. Tatsächlich ist nach Ansicht der EU-Kommission nur ein Fünftel des Strompreisanstiegs auf das EU-EHS zurückzuführen.
Aufgrund der gestiegenen Gaspreise haben die Versorgungsunternehmen jedoch zunehmend auf Kohle umgestellt, was den Preis für EU-EHS-Zertifikate in die Höhe treibt.
Nichtsdestotrotz haben die steigenden Gaspreise die Debatte über mögliche (soziale) Auswirkungen einer Erhöhung der CO2-Preise neu entfacht. Daher sollte man auch mögliche soziale Unruhen in Betracht ziehen, die durch plötzliche, übermäßig verzögerte und heftige CO2-Preismaßnahmen ausgelöst werden könnten. Ein globaler Mechanismus zur Bepreisung von CO2 würde jedoch wahrscheinlich weltweit einheitlichere Wettbewerbsbedingungen schaffen. Er wird unter anderem aufgrund der Bestrebungen der EU, grenzüberschreitende Systeme zur CO2-Bepreisung einzuführen, zunehmend ins Gespräch gebracht. Die COP26 wird hoffentlich Artikel 6 des Pariser Abkommens erweitern, der die Grundlage für so einen internationalen CO2-Markt schafft.
Internationaler CO2-Markt
Wenn wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen wollen, müssen wir die jährlichen weltweiten CO2-Emissionen (51 Gigatonnen) deutlich reduzieren. Nur ein "Cap and Trade"-System ermöglicht die Kontrolle über die zulässigen Emissionsmengen. Es ist an das verfügbare globale CO2-Budget anzupassen, das sich in den jeweiligen nationalen Klimaschutzbeiträgen ("National Determined Contributions", NDC) der Länder angemessen widerspiegeln muss. Dies kann jedoch aus mehreren Gründen einen internationalen Markt erfordern:
Neue, ehrgeizigere NDCs sind ohne internationalen CO2-Markt nicht zu erwarten. Es sei daran erinnert, dass die sogenannte Emissionsobergrenze beziehungsweise das CO2-Budget mit den NDCs verknüpft ist. Mehrere der bestehenden NDCs sind bereits auf die internationale Zusammenarbeit über CO2-Märkte ausgerichtet.
Ein internationaler CO2-Markt hat das Potenzial, bis zum Jahr 2030 etwa 5 Gigatonnen CO2 pro Jahr zu reduzieren und Kosteneinsparungen von jährlich bis zu 250 Milliarden Dollar zu erzielen.
Ein globales System kann den CO2-Preis in die Höhe treiben, was Anreize zur Emissionsverringerung schafft. Laut Schätzungen bräuchten die entwickelten Volkswirtschaften einen CO2-Preis von 130 Dollar je Tonne bis 2030 und 250 Dollar je Tonne bis 2050, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Wie funktionieren die internationalen Kohlenstoffmärkte? Länder, die Schwierigkeiten haben, ihre Ziele zur Emissionsminderung im Rahmen ihrer nationalen Klimapläne zu erreichen, oder die eine weniger kostspielige Emissionsreduzierung anstreben, können Emissionsminderungen von anderen Ländern kaufen, die ihre Emissionen bereits über ihre Zusagen hinaus gesenkt haben. Das Ergebnis kann für alle Beteiligten eine Win-win-Situation sein. Gemäß Artikel 6 des Pariser Abkommens sind die Verhandlungen über internationale CO2-Märkte ein Schlüsselelement der COP26-Verhandlungen. Die Diskussionen werden jedoch eine Herausforderung darstellen, da die Welt bereits seit Jahrzehnten versucht, einen internationalen Markt zu schaffen. (Nebenbemerkung: Aufgrund der Komplexität wurde Artikel 6 erst am letzten Morgen der Pariser Verhandlungen im Jahr 2015 vereinbart.)
In der Vergangenheit sind aus dem Kyoto-Protokoll zum Klimawandel zwei CO2-Märkte hervorgegangen. Der Mechanismus für eine umweltverträgliche Entwicklung ("Clean Development Mechanism") ermöglichte es den Industrieländern, ihre Emissionen durch die Finanzierung von Projekten zur Emissionsreduzierung in Entwicklungsländern zu senken. Obwohl dieses System scheiterte, wurden einige wichtige Lehren daraus gezogen. Das erfolgreichere EU-Emissionshandelssystem hingegen ist eines der robusteren "Cap and Trade"-Systeme und entwickelt sich stets weiter.
Einige offene Fragen
Die Diskussionen über die CO2-Märkte auf der COP26 werden sich wahrscheinlich auf diese beiden Märkte konzentrieren, zumal Europa auch Druck auf die Importe ausübt, indem es einen Mechanismus zur Anpassung der CO2-Grenzwerte einführt, durch den importierte Waren nach der CO2-Intensität ihrer Produktion bewertet und entsprechend belastet werden. Einige Fragen sind noch offen: Werden wir einen neuen CO2-Handelsmechanismus schaffen oder ein bestehendes Instrument wie das EU-Emissionshandelssystem ausbauen? Werden wir uns auf einen Mechanismus des globalen Handels stützen oder auf einen mit regionalen Unterschieden? Da die CO2-Preise weltweit unterschiedliche Niveaus erreichen (mit Europa an der Spitze), spricht einiges für Letzteren.
Kurz gesagt: Wir brauchen einen gerechten, glaubwürdigen und zuverlässigen CO2-Markt mit einem hohen Maß an Integrität. Er muss mit immer ehrgeizigeren nationalen Beiträgen verknüpft werden. Die Obergrenze ist der Schlüssel. Darüber hinaus muss das System über ein glaubwürdiges Handelssystem beziehungsweise einen glaubwürdigen Markt zu realen Emissionsreduktionen führen, die sich unter anderem durch Zusatzeffekte, Überprüfbarkeit, soziale Gerechtigkeit und Vermeidung von Doppelzählungen auszeichnen.