New York - Die USA wollen offenbar mit allen Mitteln im Weltsicherheitsrat eine weitere UN-Resolution durchsetzen, die einen Krieg gegen den Irak legitimieren soll. Die über- | wältigende Mehrheit der 15 Ratsmitglieder setzt allerdings auf eine Fortsetzung der UN-Inspektionen. Deshalb geht die US-Regierung seit Tagen hinter den Kulissen bei einigen im | Sicherheitsrat vertretenen Staaten auf Stimmenfang - und übt dabei auch gewaltigen Druck auf diese Länder aus.
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So beklagten sich mexikanische Diplomaten nach Besuchen zweier hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums in Mexiko-Stadt, der Ton sei feindselig gewesen. Staatssekretär Marc Grossman und Unterstaatssekretär Kim Holmes hätten kein Verständnis für die Zurückhaltung der mexikanischen Regierung hinsichtlich eines Kriegs gegen Irak gezeigt. Ein Diplomat, der anonym bleiben wollte, sagte: "Sie haben uns klar gesagt: 'Jedes Land, das nicht mit den USA mitzieht, wird einen sehr hohen Preis bezahlen müssen."
US-Diplomaten räumen hinter vorgehaltener Hand ein, dass sie vom Weißen Haus die Anweisung haben, "alle diplomatischen Mittel" einzusetzen. "Und das bedeutet wirklich alle", meinte ein Diplomat. Es gilt dabei offenbar das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche.
Zur Durchsetzung der gemeinsamen amerikanisch-britischen Resolution, die heute, Dienstag, im Weltsicherheitsrat eingebracht werden soll, sind die Stimmen von mindestens neun Ratsmitgliedern nötig. Außerdem dürfen die ständigen Ratsmitglieder Russland, Frankreich und China kein Veto einlegen. Die USA und Großbritannien sind zwar der Ansicht, dass bereits die Resolution 1441 für ein militärisches Vorgehen zur Entwaffnung Iraks ausreiche. Sie halten dennoch eine weitere Entschließung für wünschenswert, um breitere Unterstützung für einen Krieg gegen Bagdad zu bekommen.
Bisher würden nur vier Ratsmitglieder einer neuen Resolution zustimmen - die USA, Großbritannien, Spanien und Bulgarien. Deutschland und Syrien haben bereits erklärt, sie würden einer Kriegsresolution nicht zustimmen. Nahezu sicher gilt auch, dass sich Pakistan der Stimme enthalten wird. Frankreich, Russland und China befürworten ebenfalls eine Verlängerung der Inspektionen. Um die Resolution durchzusetzen, müssen sich die USA die Stimmen Chiles und Mexikos sowie der drei afrikanischen Ratsmitglieder Angola, Kamerun und Guinea sichern.
Die afrikanischen Ratsmitglieder wurden bereits in der vorigen Woche von den USA umworben. Sie erhoffen sich finanzielle Hilfen von Washington, wenn sie im Sinne der US-Regierung abstimmen. Die USA haben in der Vergangenheit aber auch schon gezeigt, was jene Staaten zu erwarten haben, die gegen Washington stimmen. So entzogen die USA 1991 Jemen die jährliche Unterstützung von 24 Millionen Dollar, weil das Land damals im Weltsicherheitsrat gegen die Kriegsermächtigung zum Golfkrieg gestimmt hatte.