Zum Hauptinhalt springen

Der Preis ist heiß

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Hohe Energiekosten sind auch eine Chance.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ein Liter Benzin oder Diesel: 2 Euro. Haushalten stehen horrende Nachzahlungen bei Gas- und Stromrechnung ins Haus, Brennholz aus dem Baumarkt: nicht lieferbar.

Was Greta Thunberg und die "Fridays for Future"-Umweltbewegung nicht geschafft haben, gelingt nun Wladimir Putin: Die durch Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine entfachte drohende Energiekrise zwingt zum Nachdenken über das Energiesystem.

Klimaschützer fordern schon lange CO2-Abgaben und höhere Energiepreise - mit nachvollziehbaren Argumenten. Denn in den Preisen fossiler Brennstoffe sind die sogenannten externen Kosten nicht enthalten. Was das bedeutet? Die Preise fossiler Energieträger geben die tatsächlichen Kosten für die Umweltfolgen nicht wider. Grob vereinfacht: Für die Klimawandelschäden (extremer werdende Hochwasser- und Dürreereignisse) muss (zumindest in Europa oder den USA) die Versicherungswirtschaft oder der Staat aufkommen, während die Kohle-, Öl- oder Gaskonzerne sich über exorbitante Gewinne freuen. Um etwa ein Barrel Rohöl zu produzieren, muss Saudi-Aramco, die staatliche Ölgesellschaft Saudiarabiens, rund 3 Dollar aufwenden, die Transportkosten schlagen sich mit rund 2 Dollar zu Buche. Gesamtproduktions- und Transportkosten: 5 Dollar für 159 Liter Rohöl. Derzeit liegt der Ölpreis aber bei rund 95 Dollar je Barrel, die Öleinnahmen der Erdöl und Erdgas exportierenden Länder sprudeln.

So unangenehm hohe Öl- und Gaspreise für die Konsumenten sind, so liegt darin auch eine Chance: Denn ein hoher Preis für Energie sollte dazu führen, dass Menschen ihr Auto öfter stehen lassen und im Haushalt Energie sparen.

Die Mobilitätswende ist bereits in vollem Gange. Nach Jahrzehnten, in denen der Schienenverkehr und der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel vernachlässigt wurden, erobert die Bahn nun stetig Marktanteile, in der Europäischen Union lag Österreich in puncto Bahnkilometer pro Einwohner schon vor der Einführung des Klimatickets auf Platz eins.

Ein entsprechendes Preissignal ist also durchaus erwünscht, um Menschen dazu zu bringen, ihr Verhalten zu ändern. Das Dumme ist freilich, dass gerade Menschen mit niedrigeren Einkommen auch jene sind, die in schlechterer Wohnsubstanz und vielfach nicht gerade zentral wohnen und somit aufs Auto angewiesen sind. Für diese Bürgerinnen und Bürger machen Energiekosten einen ziemlichen Brocken ihres Haushaltsbudgets aus, sie benötigen bessere öffentliche Verkehrsmittelangebote, finanzielle Unterstützung und Förderungen für thermische Sanierung.

Nur mit einer Mischung aus Preisdruck und Hilfen kann die Energiewende gelingen.