Zum Hauptinhalt springen

Der Quotenhit Kreuzzug

Von René Freund

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Kreuzzüge erfreuen sich großer Beliebtheit: Egal, ob sie von den USA mit modernster Technik gegen "die Achse des Bösen" geführt oder als mittelalterliche Ritterepen ausgestrahlt werden, das Fernsehen ist immer dabei.

Zuletzt zeigte SAT.1 den deutsch-italienischen Historien-Zweiteiler "Die Kreuzritter". Merkwürdig fehl am Platz als schwertführender Bösewicht war Uwe Ochsenknecht, dessen archaisches Gesicht zwar hervorragend unter einen Rüstungshelm passt - aber irgendwie wirkte er dennoch wie ein Zeitreisender aus einer Mannheimer Vorstadtkneipe, der gerade einen ganz schön schrägen Traum durchlebt.

Allerdings wurde uns in diesem "großen SAT.1-TV-Event" mit Dialogen aus dem Mittelalter der TV-Dramaturgie verschwiegen, dass es bei den Kreuzzügen nur vordergründig um Religion ging, sondern vielmehr um Macht und Geld. Handelsstraßen wurden unter Kontrolle gebracht, die Kriegsteilnehmer durften auf Privilegien hoffen, Papst und König konnten unbehelligt weiterherrschen, weil potenzielle Unruhestifter sich außer Landes austobten.

Nur einmal leuchtete kurz so etwas wie Aufklärung auf, als einer der christlichen Ritter, die gerade ein entsetzliches Blutbad angerichtet hatten, sagte: "Unsere Führer haben uns getäuscht." Der Satz hat etwas Zeitloses. Heute kann man für "Handelsstraße" "Pipeline" einsetzen und für "König" "Präsident". Auch der moderne Kreuzzug wird zweifellos wieder ein Quotenhit. Demnächst auf CNN.