Verbindungsmann in Österreich: Anwalt Reinhard Proksch im Gespräch.
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Wien. Um die Wut und Entschlossenheit der ukrainischen Maidan-Bewegung zu verstehen, ist es notwendig, sich die Geschäftsmethoden der dortigen Oligarchen sowie willfähriger und korrupter Behörden vor Augen zu halten. Sie rissen sich mit teils brachialen Methoden die Großindustrie des Landes unter den Nagel, vor allem aber das lukrative Handelsgeschäft mit Öl, Gas, Rohstoffen und Getreide. Milliardenvermögen wurden angehäuft, während der Durchschnittsverdienst in der Ukraine mit 250 Euro monatlich zu den niedrigsten in Europa zählt. Eines von vielen Beispielen: 2011 wurde bekannt, dass eine weithin unbekannte, ominöse Ölimportfirma namens Livela unter tatkräftiger Mithilfe der Regierung die Hälfte der Ölimporte des Landes kontrollierte.
Die wahren Eigentümer der Scheinfirma sind bis heute unbekannt, aber sie scheffelte Milliarden Dollar - und das mit einer amtlich verordneten Steuerbefreiung. Bis heute halten sich in Kiew Gerüchte, wonach auch die Familie des geflüchteten Präsidenten Wiktor Janukowitsch daran mitverdiente. Verbindungen in seine "Partei der Regionen" wurden nachgewiesen, Livela-Geld floss auch in deren Wahlkampf 2010.
In der Ukraine ist auch immer wieder die Rede davon, dass führende Regime-Mitglieder enge Geschäftsverbindungen nach Wien haben und hier Geld bunkern. Immer wieder taucht der Name des Rechtsanwalts Reinhard Proksch auf, der als Treuhänder etwa für Ex-Premier Mykola Asarow und Janukowitschs Vertrauten Sergej Kljujew fungieren soll. Die "Wiener Zeitung" sprach mit ihm über seine Verbindungen.
"Die Sache ist kompliziert. Ich bin mit dem Außenministerium und der Finanzmarktaufsicht in engem Kontakt. Fakt ist aber, dass keiner dieser Leute Kontakt zu mir hat und ich nie einen Euro von Janukowitsch erhalten habe", sagt Proksch. Das klingt überraschend, denn die von ihm kontrollierte Wiener Euro Invest Bank ist indirekt Eigentümer des feudalen Janukowitsch-Sitzes nahe Kiew, der nun gestürmt wurde. "Das gesamte Grundstück gehört der Firma Tantalit, die der Euro Invest gehört", bestätigt Proksch, "bis auf 2000 Quadratmeter, die an Janukowitsch vermietet wurden." Dies sei "eine komische Geschichte". Sie sei aber in der Euro Invest, die mittlerweile keine Banklizenz mehr besitzt, anzusiedeln.
Die Euro Invest ist in Österreich nicht unbekannt, als Geschäftsführer fungiert immer noch Johann Wanovits. Das ist jener Händler, der in der Telekom-Affäre auftauchte, nachdem seine Kauforder den Aktienkurs so hinauftrieb, dass die Telekom-Vorstände zu ihren Bonuszahlungen kamen. Die Sache war gerichtsanhängig und führte auch zu Verurteilungen. Nun ist Proksch nach eigenem Bekunden Eigentümer der Euro Invest. "Mir wird etwas übertragen, weil die Leute Lösungen von mir erwarten", sagt er.
Proksch gründet Firmen in Liechtenstein und anderen Steueroasen. Dazu zählen zwei britische Briefkastenfirmen, Blythe und Astute, die ukrainische Quellen dem Anwalt zurechnen. "Beide Gesellschaften gehören einem in Dubai sitzenden russischen Investor", erklärt Proksch. Faktum ist, dass beide Geschäfte tätigten, die für Janukowitsch - nun ja - vorteilhaft waren. Tantalit wird den Kljujews zugeschlagen.
Aktivitäten in Wien
"Ich dachte vor dreieinhalb Jahren, dass die Ukraine ein gutes Land ist", plaudert Proksch. Er beharrt darauf, vor allem im Solarenergie-Geschäft tätig zu sein. Auch dort sind die Kljujews aktiv. Die Oligarchen besitzen in Wien die Slav AG, die vor ein paar Jahren versuchte, die Bank Burgenland zu kaufen. Ihr Vermögen wird auf etwa 600 Millionen Euro geschätzt. Über die Slav-Gruppe laufen auch Beteiligungen in der Ukraine. "Aber Immobilien und Beteiligungen verschwinden ja nicht einfach", so Proksch. Andrej Klujew war bis vor kurzem Vorsitzender des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, er soll einer der Auftraggeber für den brutalen Polizeieinsatz am Maidan gewesen sein.
Die Zahl der Toten in Kiew wird mittlerweile inoffiziell mit 250 angegeben. Auch hinter den radikalsten Maidan-Aktivisten, der faschistischen Swoboda-Gruppe, stehen Oligarchen. Zum Beispiel der reichste Ukrainer, Igor Kolomoyski (2,5 Milliarden Euro). Auch er hat Verbindungen nach Wien, etwa teure Innenstadt-Immobilien, wie "Format" berichtet.
Und noch ein Oligarch steuert einen Teil seines Netzwerks über Wien: Dimitri Firtasch. Die ihm - über die Wiener Group DF International GmbH - zugerechnete Firma Centragas hat laut jüngster verfügbarer Bilanz Beteiligungen im Wert von 305 Millionen Euro. Firtasch, in der Industriellenvereinigung der Ukraine aktiv, ist in Österreich bekannt. Raiffeisen spielte jahrelang für ihn Treuhänder in der ukrainischen Gashandelsgesellschaft RosUkrEnergo, an der er 50 Prozent hielt. Die anderen 50 Prozent gehörten Gasprom. Die Gesellschaft verdiente am Transit von russischem Gas durch die Ukraine Milliarden. Auch die Ostchem Holding GmbH mit Sitz in Wien (70 Millionen Euro an Firmenbeteiligungen) wird Firtasch zugerechnet. Er scheint auch auf einer Liste von Oligarchen auf, die ihre Geschäfte vornehmlich in diskreten Steueroasen abwickeln. Tatsächlich sitzen die Muttergesellschaften der Wiener Firmen auf Zypern.
Alle diese Firmen haben auch Konten bei Banken in Österreich. Nach einer Warnung der Finanzmarktaufsicht sind diese entsprechend vorsichtig. Ernsthafte Probleme haben die Oligarchen aber nicht. Erstens ist unbekannt, ob ihre Namen auf der EU-Sanktionsliste auftauchen werden. Zweitens tätigen ja nicht sie selbst Geldgeschäfte, sondern österreichische Kapitalgesellschaften . . .