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IWF rät Österreich zu Reformen im Sozial- und Pensionssystem. Wirtschaft erholt sich heuer.
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Wien. Österreich erholt sich langsam, zumindest mittelfristig. Die Staatsschulden sinken dank Heta-Lösung, die Arbeitslosigkeit steigt zumindest nicht mehr und das Wirtschaftswachstum zieht wieder leicht an. Zu diesem Schluss kommt der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem jährlichen Bericht zu Österreich, dem sogenannten "Artikel 4". Um den Wohlstand aber langfristig zu sichern, seien Reformen im Pensions- und Steuersystem dringend notwendig, sagt Nikloay Gueorguiev, Missionsleiter für Österreich.
Jährlich besucht ein vierköpfiges IWF-Team Österreich und führt Gespräche mit Vertretern der Regierung und der Sozialpartner, mit führenden Wirtschaftsforschern sowie Bürgervertretern. Die Ergebnisse, Analysen und Empfehlungen werden dann im sogenannten "Artikel 4" zusammengefasst.
Für das laufende Jahr erwartet der IWF ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,4 Prozent. Dieses ist vor allem durch den privaten Konsum getrieben, der wiederum dank der Steuerreform heuer angezogen hat. Das Wachstum ist zwar mit 1,4 Prozent nicht berauschend hoch, allerdings liegt es über dem Schnitt für die Euro-Länder und deutlich über den Raten von 2012 bis 2015.
Für das kommende Jahr prognostiziert der IWF ein Wachstum von 1,3 Prozent des BIP, weil dann die Effekte der Steuerreform nachlassen. Das sieht die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) jedoch ein bisschen anders. Dort geht man von einer Wachstumsrate von 1,5 Prozent aus, wie Gouverneur Ewald Nowotny bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Gueorguiev betonte.
Schulden langfristig unsicher
Auch die Staatsschulden sinken in den kommenden Jahren von derzeit 85,5 Prozent des BIP auf voraussichtlich 76,6 bis 2020. Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Vergleich mit den Heta-Gläubigern und der Abbau ihrer Altlasten. Das strukturelle Defizit soll heuer 0,5 Prozent des BIP betragen.
Weniger optimistisch ist Gueorguiev, was Österreichs langfristige Entwicklung anbelangt - vor allem hinsichtlich der Pensionen. Wenn es in diesem Bereich keine umfassenden Reformen gibt, also eine Kostensenkung, könnten die Staatsschulden bis 2060 auf über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, so der IWF. Um dem entgegenzusteuern, empfiehlt der IWF, wie auch im Vorjahr, die Zahl der Frühpensionen weiter zu reduzieren und ältere Arbeitnehmer und Frauen möglichst lang in stabiler Beschäftigung zu halten.
Die heuer in Kraft getretene Steuerreform sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Allerdings wird der Faktor Arbeit nach wie vor zu hoch besteuert", meint Gueorguiev, während Vermögen im internationalen Vergleich relativ niedrig besteuert werde. Das solle man bei kommenden Reformen bedenken.
Beim Export erwartet der IWF heuer einen Handelsüberschuss von 2,2 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Allerdings könnten "externe Entwicklungen die Aussichten trüben", meint Gueorguiev. Er spricht damit eine "protektionistisch orientierte" Wirtschaftspolitik in einigen Ländern an, wie sie zum Beispiel der neu gewählte US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. Die USA sind nach Deutschland Österreichs zweitwichtigster Handelspartner.
Banken brauchen mehr Kapital
Obwohl der heimische Finanzsektor laut IWF-Bericht gut dasteht, ist der Kapitalpolster vor allem bei heimischen Großbanken noch immer relativ dünn. Das hat auch der diesjährige Stresstest der Europäischen Zentralbank gezeigt. Zentral- und Osteuropa seien nach wie vor ein Gewinnbringer, dort habe man laut Bericht auch die Risiken minimiert.
Während die Kreditnachfrage seitens der Unternehmen weiterhin sehr mager ausfällt, steigt sie bei privaten Haushalten. Verantwortlich dafür sind laut IWF die steigenden Immobilienpreise. Auf diese Entwicklung sollte die heimische Bankenaufsicht laut Gueorguiev ein Auge behalten, wobei aus heutiger Sicht kein Grund zu Sorge bestehe. Das Verhältnis Schulden zu Einkommen beträgt in Österreich 90 Prozent, was deutlich unter dem EU-Schnitt sei.
Wie auch im Vorjahr, empfiehlt der IWF eine Reihe von Reformen im Sozial- und Pensionssystem. Dort seien Einsparungen ohne Qualitätseinbußen möglich. Während die Ausgaben hier hoch seien, gebe es noch immer zu wenig öffentliche Investitionen im Bereich Infrastruktur. Diese hätten aber einen positiven Effekt auf das Wachstum und die Beschäftigung. Wie auch im Vorjahr bleibt das Thema Flüchtlinge relevant. Diese sollten so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden.