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Der Robin Hood der Kuratoren

Von Christina Böck

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"Johnny Depp kuratiert einen Sampler mit Nick Cave." So lautete eine Popmusik-Meldung im Dezember. Man könnte natürlich auch sagen: Johnny Depp stellt eine CD zusammen. Oder, wer´s lieber ein bisschen retro mag: ein Mixtape. Aber so simpel geht das nicht mehr. Heutzutage muss man immer gleich alles kuratieren. Die Schaufensterdekoration im Großkaufhaus? Kuratiert! Die Aufdrucke auf besonders artsy T-Shirts? Kuratiert! Die Fotos im Streetstyle-Modeblog? Kuratiert! Der bunte Abend am Skikurs? Kuratiert! Der Christbaumbehang bei der Charity-Veranstaltung? Kuratiert!

Kein Wunder, dass die Kuratoren in ihrer ursprünglichen Bestimmung, in der Kunst, murren. Aber die Rettung naht. Und zwar in Gestalt des neuen Direktors der Kunsthalle Wien, Nicolaus Schafhausen. Der hat sich nun für die Sache der Kuratoren starkgemacht. Weil sich im Theater immer mehr Kreative auch Kuratoren nennen, hat sich Schafhausen Robin-Hood-gleich vom Theater den Begriff "Dramaturgen" erobert. In der Kunsthalle arbeiten nun also Dramaturgen. Gut, jetzt kann man sagen, Kuratoren im strengen Sinn haben in der Kunsthalle derzeit ohnehin nicht so rasend viel zu tun. Bei einer einzigen Ausstellung, die heuer gezeigt wird. Konsequenterweise sollen diese Dramaturgen auch neue Ebenen von Vermittlung erarbeiten. An erster Stelle der To-Do-Liste könnte zum Beispiel vielleicht stehen: Wie ich meine Museumsbesucher bei der Stange halte, während mein Museum ein halbes Jahr zugesperrt hat. Da muss man sich möglicherweise wirklich etwas Dramatisches überlegen.