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Ciampi-Nachfolger stammt aus Neapel. | Von 1992 bis 1994 Kammerpräsident, 1996 bis1998 Innenminister. | Rom. (apa) Das Leben beginnt mit 80. Zumindest das neue politische Leben des Schwergewichts der italienischen Linken, Giorgio Napolitano, der am Mittwoch als erster ehemaliger KPI-Politiker an der Spitze des italienischen Staates aufgerückt ist.
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Nch dem ersten Staatspräsidenten Enrico De Nicola (1946-48) und Giovanni Leone (1971-78) ist Napolitano der dritte der bisher elft Staatspräsidenten, der aus Neapel stammt.
Ausgewogen, ruhig und elegant: Der hagere und kahlköpfige Mann gilt mit seiner Ausgeglichenheit als eine Art britischer Lord in den Turbulenzen der italienischen Politik. Kein Wunder, dass ihn seine Verehrer auch wegen seiner Ähnlichkeit mit dem letzten italienischen König Umberto II. von Savoyen als "roten Prinzen" bezeichnen.
Ein Präsident mit künstlerischer Ader
"Im Italien der Talk Shows und der Reality-Programme ist Napolitano genau das Gegenteil: Pünktlich, fein, zurückhaltend, dialogfähig, diplomatisch und protokollarisch. Er ist aber auch ein Dichter, ein Schauspieler und ein Künstler", porträtiert die römische Tageszeitung "la Repubblica" den neu gewählten Staatschef. Der am 29. Juni 1925 geborene Napolitano stammt, wie aus seinem Familiennamen hervorgeht, aus Neapel. 1942 gründete er eine antifaschistische Gruppe, die das Mussolini-Regime bekämpfte. 1945 trat er dem Partito Comunista Italiano (PCI), der größten Kommunistischen Partei im Westen, bei. Seine ersten politischen Schritte unternahm der seriöse Intellektuelle mit der Vorliebe für Schauspielerei unter dem Flügel des charismatischen Kommunistenchefs Palmiro Togliatti, der sofort das Talent des jungen Napolitano erkannte.
Napolitano hat eine Musterkarriere in der Kommunistischen Partei hinter sich. 1953 schaffte er den Sprung ins Parlament, 1956 wurde er Mitglied im Zentralkomitee der PCI. In den sechziger Jahren rückte er zum Außenminister im Schattenkabinett der PCI auf. Aktiv arbeitete Napolitano mit Togliattis Nachfolger Enrico Berlinguer für den "historischen Kompromiss" mit den Christdemokraten, der jedoch nicht zu Stande kam.
Aktiv für Umwandlung der KPI gearbeitet
Der ursprünglich moskautreue Kommunist schloss sich im Laufe der achtziger Jahre dem sozialdemokratischen Flügel seiner Partei an. Nach dem Fall der Berliner Mauer setzte er sich aktiv für die Umwandlung der Kommunistischen Partei in eine sozialdemokratische Kraft ein, die Partei der Demokratischen Linken (PDS) getauft wurde. Bei den Europawahlen 1989 zog der Familienvater ins Straßburger Parlament ein. 1992 übernahm er den Posten des Präsidenten der italienischen Abgeordnetenkammer, den der zum Staatsoberhaupt gewählte Christdemokrat Oscar Luigi Scalfaro frei gemacht hatte. Nach dem Sieg des Mitte-Links-Anführers Romano Prodi bei den Parlamentswahlen 1996 übernahm er den heiklen Posten des Innenministers. In dieser Funktion musste er sich mit gravierenden Problemen wie Mafia, Kriminalität und Immigration auseinander setzen. "Er war der beste Innenminister der letzten 30 Jahre", urteilte die linksliberale "la Repubblica".
Seit sieben Monaten Senator auf Lebenszeit
Zwei Jahre lang blieb Napolitano im Amt. Nachdem der Altkommunist Fausto Bertinotti der Regierung Prodi seine Unterstützung entzog, führte Napolitano ein politisch eher zurückgezogenes Leben. Die neuerliche Wende im seinem Leben kam am 23. September 2005, als Präsident Carlo Azeglio Ciampi ihn gemeinsam mit dem Autoindustriellen Sergio Pininfarina wegen seiner Dienste für die italienische Demokratie zum Senator auf Lebenszeit ernannte. "Ciampi hat mich wieder in die Politik einrücken lassen. Ich hätte mir ein ruhigeres Lebensabend mit meinen Urenkeln vorgestellt", sagte Napolitano nach der Wahl. Nun stehen dem neuen Präsidenten sofort neue Herausforderungen bevor. Er muss nach der Rede zum Amtsantritt am kommenden Montag Wahlsieger Prodi mit der Regierungsbildung beauftragen. Schon bald darauf könnte ihm der künftige Ministerpräsident die Liste der Regierungsmitglieder vorlegen. Die Urenkel müssen warten.