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Das Timing des Rücktritts von Michael Spindelegger ist politisch erstaunlich, aber menschlich verständlich. Am Tag nach dem der ebenfalls umstrittene Werner Faymann seine Regierungsumbildung in der SPÖ einstimmig durchbrachte, wirft der ÖVP-Obmann und Vizekanzler das Handtuch.
Menschlich ist es verständlich, es zeigt die Brutalität des politischen Geschäftes. Vor zwei Wochen starb der Vater, Erich Spindelegger. Seine Ehefrau hat ihren EU-Job in Luxemburg wieder angetreten, seit mehr als einer Woche gibt es ein Trommelfeuer an interner Kritik aus den Ländern am Bundesparteiobmann. Um Michael Spindelegger ist es einsam geworden. Er weiß jetzt, wie sich Josef Pröll im Anfang April 2011 gefühlt haben muss.
Warum tust du dir diesen Job an? Diese Frage wird Spindelegger oft gehört haben in den vergangenen Tagen, angeblich am Sonntag hat er sie für sich beantwortet.
Auch für die ÖVP bedeutet der Rücktritt eine größere Zäsur. Es ist wohl anzunehmen, dass der zuletzt fast allmächtige ÖAAB seine Vormachtstellung in der Partei verliert. Wirtschafts- und Bauernbund drängen darauf, Spitzenpositionen zu besetzen. Dass wohl Reinhold Mitterlehner (Wirtschaftsbund) Finanzminister wird und der Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner ins Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium nachrückt, geht in diese Richtung. Ob sich die ÖVP tatsächlich für eine Ämtertrennung zwischen Parteiobmann und Vizekanzler entscheidet, wird sich weisen. Darin stecken Risken, andererseits kann es wohl kaum noch schlechter werden für die einstmalige Großpartei.
Für die Regierung und die Zusammenarbeit mit der SPÖ bedeutet der Rücktritt Spindeleggers eindeutig eine Chance. Wenn die neue ÖVP-Führung sich etwa in der Bildungs-Politik bewegt, könnte eine große Baustelle saniert werden. Politiker vom Schlage eines Erwin Pröll oder Wilfried Haslauer allerdings bedeuten für die SPÖ machtpolitisch eine Herausforderung, sie würde sich darauf einzustellen haben.
Spindeleggers Nachfolger soll ebenfalls kommenden Montag angelobt werden, die kommenden Tage werden also turbulent in der Volkspartei. Sicher sind im Moment nur zwei Fakten: Werner Faymann, seit 2008 im Kanzleramt, "bekommt" seinen vierten ÖVP-Parteiobmann. Und zweitens wird es keine Neuwahlen geben.