Neuer Höhepunkt der Polit-Diskussion nach Prozess-Beginn der Swap-Affäre.
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Linz. Kurz sah es danach aus, als dürften die Linzer am 29. September, dem Termin der Nationalratswahl, als Einzige in Österreich zwei Kreuzerl machen. Die ÖVP eröffnete diese Woche in Österreichs drittgrößter Stadt eine Neuwahldiskussion, die in eine doppelte Linzer Wahl am 29. September gipfeln sollte. Dazu wird es nun aller Voraussicht nach nicht kommen - die Neuwahldiskussion bleibt Linz freilich erhalten.
Seinen Ursprung hat die Forderung in der Swap-Affäre, die die Lokalpolitik schon seit gut zwei Jahren beschäftigt. Am Dienstag erreichte die Diskussion einen weiteren Höhepunkt. Mit Verweis auf eine Umfrage, nach der eine Mehrheit der Linzer Neuwahlen als richtigen Schritt erachten, attackierte die ÖVP die Bürgermeister-Partei SPÖ und forderte Neuwahlen, was sogleich von den Oppositionsparteien FPÖ und Grüne unterstützt wurde.
Die SPÖ samt Bürgermeister Franz Dobusch und Finanz-Stadtrat Johann Mayr, gegen den auch die Staatsanwaltschaft ermittelt, steht durch die Swap-Affäre schwer in der Kritik. Ohne der SPÖ gibt es aber keine für die Neuwahl notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat. Die ÖVP setzt auf dauerhaften Druck und eine geeinte Front gegen die SPÖ. Da wird es aber bereits schwierig. Die FPÖ wollte Neuwahlen nur am Tag der Nationalratswahl zustimmen. Das geht sich nach Ansicht der SPÖ zeitlich gar nicht mehr aus, bringt die ÖVP aber nicht von ihrem Neuwahl-Vorhaben ab.
Der Termin sei zweitrangig, sagt Stadtparteichef Erich Watzl. Bei einem späteren Wahltermin macht die Freiheitlichen aber nicht mehr mit, sie betrachten zwei Wahlen binnen kurzer Zeit als Geldverschwendung.
Lukas: "Unverantwortlich"
Auch, wenn es zunächst keine Neuwahl gibt, hatte die Diskussion bereits Konsequenzen: Meinhard Lukas, Rechtsberater im Streit mit der Bawag und Uni-Dekan in Linz, hat am Freitag seine Tätigkeit beendet. Er begründete seinen Schritt mit dem schärfer werdenden politischen Klima und plauderte bei seinem Abschied auch gleich über die Hintergründe der jüngsten Neuwahl-Diskussion. Lukas bezeichnete parteipolitische Manöver in der jetzigen Phase des beginnenden Zivilprozesses als "unverantwortlich".
Die Parteien bedauern den Abschied von Lukas in seltener Eintracht. "Es tut mir sehr leid", sagte Dobusch zur "Wiener Zeitung". Er habe Lukas noch umzustimmen versucht. Auch Watzl bezeichnete den Rückzug als "bedauernswert". Allerdings zeigte er sich auch verwundert, schließlich habe Lukas im Gemeinderat selbst Verständnis geäußert, dass so ein Geschäft eine politische Debatte nach sich ziehen müsse.
Allerdings achtet Lukas auch in Linz wie bei seinem Engagement im Salzburger Finanzskandal peinlich genau darauf, nicht ins parteipolitische Gezänk verwickelt zu werden. Die Hintergründe für die aktuelle Neuwahl-Debatte sieht Lukas außerhalb der Stadt. So sei die Bawag auffällig um die politische Lage von Linz besorgt gewesen und auch aus der Landespolitik seien die Diskussion verstärkt worden. "Es gibt einen beträchtlichen Druck auf Stadtpolitiker", sagte Lukas.
Dieser Druck hat seine Ursache in der Swap-Affäre und wird durch diese noch verstärkt. Eine politische Diskussion ohne dieses Thema scheint in Linz derzeit unmöglich. "Die am Führerstand stehende Crew hat massiv an Akzeptanz verloren", sagte Watzl mit Blick auf die SPÖ und die Umfrage seiner Partei. Er will auch "SPÖ-intern ein Rumoren" festgestellt haben. Bürgermeister Dobusch bezweifelt dagegen die Richtigkeit der Umfrageergebnisse. "Wenn man die Befragten von Frage X zur Frage Y zur Frage Z führt, kann man die Ergebnisse sehr gut beeinflussen", sagt er.
Eine gewisse Amtsmüdigkeit stellt Dobusch, seit 26 Jahren Bürgermeister in Linz, gar nicht in Abrede. Ab November reicht bei einem Rücktritt des Bürgermeisters laut Stadtrecht aber eine Wahl durch den Gemeinderat. Auch das ist für Dobusch also kein Argument für eine Neuwahl. "Über meine Zukunft werden wir im Herbst entscheiden", sagt er. "In dieser heißen Phase, in der der Prozess beginnt, war genau das das schlechteste Zeichen, das man setzen kann", sagt er zum Neuwahl-Vorstoß der ÖVP.
Linz und sein Bawag-Swap
Das, was für Salzburg die Finanzaffäre ist, ist für die Stadt Linz der Swap 4175 bei der Bawag. Dieses 2007 geschlossene Geschäft sollte ursprünglich helfen, die Zinskosten der Stadt für eine Anleihe in Schweizer Franken zu verringern. Bei dem Swap handelt es sich aber nicht um ein gewöhnliches Zinstauschgeschäft, ab einem Euro-Franken-Wechselkurs von 1,54 musste Linz zusätzliche Zinsen bezahlen.
Da das Geschäft aufgrund dieser Klausel aus dem Ruder lief, forderte Linz in einer Klage von der Bawag rund 25 Millionen Euro an getätigten Zahlungen zurück und stellte im Oktober 2011 seine Zahlungen ein. Linz argumentiert, dass das Geschäft nicht rechtmäßig zustande gekommen sei.
Die Bawag weist das zurück und fordert ihrerseits von der Stadt Linz 417,7 Millionen Euro an Schadenersatz. Zum Vergleich: Das Jahresbudget der Stadt Linz beträgt 763 Millionen Euro.
Ein Mediationsversuch scheiterte. Aktuell läuft am Handelsgericht Wien der Zivilprozess, die Zeugeneinvernahmen starten am 26. Juli. Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft Linz gegen Vertreter der Stadt und im Umfeld der Bank wegen Untreue.