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Der Rückzug in die Schönheit

Von Judith Belfkih

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Was die Aufgabe von Kunst sei - diese Frage spaltet Menschen nicht nur in konservative und progressive Publikumsschichten. Die Diskussion ist ebenso vielschichtig wie die um die Sinnhaftigkeit von Kunst an sich. Was sich jedoch beobachten lässt, ist die Aufgabe, die Kunst in einer Gesellschaft gerade zugedacht wird. Die Rolle, die sie spielt, die Art und Weise, wie sie stattfindet. Im Bereich Musiktheater lässt sich dabei in Wien diesen Herbst eine bedenkliche Beobachtung machen - es dominiert allerorts ein heimeliger Rückzug in die Welt der zweckfreien Schönheit. Und damit ein deutlicher Schritt in die reine Ästhetik.


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Die Opernpremieren der letzten Woche zeigen: Schön muss es sein, bunt vielleicht, im Idealfall auch ein bisserl lustig. Gesellschaftskritische Klischees dürfen eh auch vorkommen. Weh soll es aber bitte nicht tun, dafür hat man schließlich (teuer) bezahlt. Und ein kritischer oder provokanter Blick in den kollektiven Spiegel muss ja nicht unbedingt ständig sein. Ein Musiktheaterbesuch soll schließlich den Kontrast bilden zu der rauen Wirklichkeit mit ständig neuen Steuern und Sparpaketen. Ein Fluchtpunkt in eine Welt der herzzerreißenden Liebestode und poetischen Märchenbilder.

Der Skandal um des Skandales willen, die Provokation der Provokation wegen - diese Stilmittel bringt natürlich niemandem etwas. Die hübsche Belanglosigkeit ist jedoch bei weitem gefährlicher.