Energie- und Außenpolitik sollen verknüpft werden. | "Durchbruch" für die Dienstleistungsrichtlinie. | Brüssel. Entgegen vielen Erwartungen ist der erste EU-Gipfel der österreichischen Ratspräsidentschaft reibungslos über die Bühne gegangen. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso wirkten am Freitag um ein Uhr Nachmittag gelöst. Man werde in ein paar Jahren von der "Geburtsstunde der europäischen Energiepolitik sprechen", sagte der Österreicher. Ohne viele Auseinandersetzungen haben sich die Staats- und Regierungschefs grundsätzlich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Auch ein einstimmiges Bekenntnis zu der vom Parlament abgeschwächten Dienstleistungsrichtlinie konnte Schüssel seinen Kollegen abtrotzen.
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"Es war der ruhigste Gipfel seit Jahren. Diesmal herrschte wirklich allgemeine Eintracht", schwärmte der italienische Premier Silvio Berlusconi. Das dürfte auch daran gelegen haben, dass die kritischen Punkte der geplanten gemeinsamen Energiepolitik vorerst einmal ausgespart wurden. Es habe keineswegs ein "Gerangel um Kompetenzen" gegeben, berichtete Barroso. Stattdessen wurden beschlossen, die Energiepolitik mit der europäischen Außenpolitik zu verknüpfen, wie es auch in Russland, China und den USA gängig sei. Dazu soll der EU-Außenbeauftragte Javier Solana bis Juni ein Konzept vorlegen.
Wie von Schüssel geplant, wurden die Ziele von 15 Prozent Anteil erneuerbare Energien beim gesamteuropäischen Energiemix bis 2010 und acht Prozent Biotreibstoff bis 2015 festgeschrieben. Hier wittert Schüssel neue Einkommensquellen für die Landwirtschaft, "wenn es gelingt, in der Revision der Kommission die Frage der erneuerbaren Energien als Förderungsschwerpunkt zu verankern". Auch die Energieeinsparungen von 20 Prozent bis 2020 stehen auf der Wunschliste der EU.
Übernahmeschlachten kein Gipfelthema
Kein Thema am Gipfel waren etwa gemeinsame Gasreserven, ein gemeinsamer europäischer Energieregulator und die im Vorfeld heiß diskutieren Übernahmeschlachten von Energiekonzernen in Spanien und Frankreich. Auf Verlangen der Briten verweist der Ratsbeschluss auf die bereits beschlossene Totalliberalisierung der Strom- und Gasmärkte per Mitte 2007. Denn: "Je offener die Märkte, desto besser" sei es für die Kunden und die Wirtschaft, erklärte der britische Premier Tony Blair. Auch an seinem Regierungssitz in der Downing Street 10 beziehe er Strom aus Frankreich und Wasser aus Deutschland. Übertrieben sei aber, zu sagen, dass sich die Argumente für eine Öffnung der Märkte überall durchgesetzt hätten. Etwa bei der Dienstleistungsrichtlinie hätten er und einige andere Regierungschefs "gerne mehr" gehabt.
Die Debatte darum sei "am Anfang sehr kontrovers verlaufen", erzählte Schüssel. Schließlich einigten sich die Staats- und Regierungschefs, dass sie "wohlwollend zur Kenntnis nehmen", dass der für Anfang April erwartete neue Vorschlag der Kommission "weitgehend auf der ersten Lesung des Europäischen Parlaments basieren" werde. Damit seien "die politischen Weichen" für die lange umstrittene Richtlinie gestellt, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es handle sich um einen "Durchbruch".
Voll des Lobs für die österreichische Vorsitzführung war der französische Präsident Jacques Chirac. Der Gipfel habe "unter den besten Bedingungen" statt gefunden. Gemunkelt wurde, dass er sich damit nicht zuletzt auch auf das exzellente Abendessen am Donnerstag bezogen hat. Der niederösterreichische Gastronom Toni Mörwald hatte den Regierungsspitzen Salat mit Flusskrebsen aus dem Kamptal und Spargel, Tafelspitz vom Waldviertler Rindfleisch mit Rösti und Apfelkren sowie Kaiserschmarrn serviert. Dazu gab es Wachauer Riesling und burgenländischen Rotwein.
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