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Der Schadensbegrenzer

Von Matthias Nagl

Politik
"Unser Ziel ist ein ordentliches Ergebnis, also 25 Prozent plus X und dann mit der ÖVP mitzuregieren", sagt Entholzer .
© Land OÖ

Oberösterreichs SPÖ-Chef Reinhold Entholzer kämpft mit der FPÖ um Platz zwei.


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Linz. Ein Mal war die SPÖ in Oberösterreich in der Nachkriegszeit stimmenstärkste Partei, den Landeshauptmann stellte sie aber nicht. Das wird auch diesmal nicht gelingen. Es gilt, die Verluste vom historisch schlechtesten Ergebnis 2009 mit 24,9 Prozent möglichst gering zu halten. Umfragen sehen die SPÖ mittlerweile aber bei unter 20 Prozent.

"Wiener Zeitung": Wir sitzen hier in Ihrem Regierungsbüro im selben Haus mit FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. Laufen Sie einander ab und zu über den Weg?Reinhold Entholzer: Sicherlich, aber ich treffe ihn ja ohnehin in den Regierungssitzungen. Da gibt es keine Probleme, es gibt einen korrekten Umgang miteinander.

Lange Zeit wollten Sie von einem Duell zwischen SPÖ und FPÖ um Platz zwei nichts wissen. Schaut man sich die aktuellen Umfragen an, sieht es so aus, als wäre dieses Duell schon entschieden - zugunsten der FPÖ.

Es hat lange nicht nach einem Kampf um Platz zwei ausgesehen. Erst mit der Kriegsflüchtlingsfrage ist es zu diesem Duell gekommen. Wir sind fest entschlossen, bis zum 27. September dafür zu kämpfen, und sind guter Dinge, dass wir wieder Zweiter werden. Das Thema Flüchtlinge zeigt die typische Methode der FPÖ, ein Thema zu haben, bei dem sie keine Lösungen anbieten können, aber die Menschen aufhetzen und verunsichern. Dem wollen wir klar entgegentreten.

Das angesprochene Thema Flüchtlinge überlagert derzeit alles andere, auch wenn die Landespolitik in diesem Bereich wenig Einflussmöglichkeit an den Ursachen hat. Inwieweit bestimmen da aktuelle Ereignisse den Wahlkampf?

Auf einige Dinge hat man sehr wohl Einfluss. Etwa, wenn man den Wählern signalisiert, dass die Kriegsflüchtlinge, die jetzt kommen, mit dem Leben bedroht sind und um das nackte Überleben kämpfen. Das ist ein anderer Zugang, als wenn man sagt, das wären angeblich Wirtschaftsflüchtlinge. Wenn eine Mutter mit drei Kindern erzählt, das sie mit einem Schlauchboot gekentert ist, sich irgendwann überlegen musste, welches Kind sie zuerst auslässt und schließlich mit einem Kind an Land gegangen ist, dann ist es zutiefst unmenschlich, wie die FPÖ hier mit ihrer Hetze vorgeht. Man hat Gott sei Dank in den vergangenen Wochen gesehen, dass es viele Menschen gibt, die bereit sind zu helfen.

Sie gelten als sachorientierter Politiker, der den Konsens sucht. Das gilt bei vielen Wählern als positive Eigenschaft. Aber kann man mit solchen Eigenschaften ein Duell mit der FPÖ, wie sie derzeit auftritt, gewinnen?

Natürlich kann man dieses Duell gewinnen. Es ist sehr spannend: In Vorwahlkampfzeiten wird oft verlangt, dass man härter auftritt. Ich sehe das anders. Entweder man ist konsensbereit und Sachpolitiker, und das versuche ich in meinem Kompetenzbereich auch zu sein, oder eben nicht. Aber natürlich gibt es auch klare Aussagen, etwa in der Flüchtlingsfrage. Da sagen wir, man muss den Menschen mit Menschlichkeit gegenübertreten und nicht mit Hetze. Von der Sachpolitik werde ich mich trotzdem nicht entfernen.

Bei einer der letzten Wahlen in Oberösterreich, der Betriebsratswahl in der Voest, haben die SPÖ-Gewerkschafter sehr gut abgeschnitten. Es gibt also immer noch Arbeiter, die die SPÖ wählen. Bei anderen Wahlen, etwa zuletzt den EU-Wahlen, ist das auf Landesebene immer weniger der Fall. Was funktioniert da auf der Basisebene, was vielleicht auf höherer Ebene nicht mehr funktioniert?

Ich glaube, diesen reinen Arbeiterbegriff gibt es in diesem Ausmaß nicht mehr. Die Arbeitsverhältnisse haben sich vielfach geändert. Viele sind heute Angestellte und sehen sich trotzdem noch zur SPÖ zugehörig, weil die Mitarbeiter gerade in den Betrieben sehen, wer sich letztendlich für sie einsetzt. Was die Blauen auf Betriebsratsebene immer versprochen und nie gehalten haben, haben die Leute schon mitbekommen. Da gibt es eine klare Haltung zu den sozialdemokratischen Gewerkschaften. Und, wenn ich daran erinnern darf: Es waren die Gewerkschafter, die mit ihren 800.000 Unterschriften gesagt haben, wir brauchen eine Lohnsteuerreform. Die SPÖ hat das dann umgesetzt. Es ist halt nicht immer leicht, gegen den Populismus aufzutreten.

Sie haben im Wahlkampf einen ABC-Plan vorgestellt - kurz zusammengefasst mit guter Arbeit, Wohnen und Cash, also gerechtem Lohn. Zumindest bei den Arbeitsplätzen und den Löhnen haben Sie als Landespolitiker nur beschränkte Einflussmöglichkeiten. Was wollen Sie da konkret umsetzen?

Wir haben vor über einem Jahr ein Konjunkturpaket durch das Land Oberösterreich gefordert. Das hat leider sehr lange gedauert, bis wir das mit der ÖVP und den Grünen umsetzen konnten. Ich habe auch in meinem Ressort versucht, möglichst viele Bauprojekte im Verkehrsbereich umzusetzen, weil das Arbeitsplätze sichert. Wir haben im Landtag auch eine Zweckbindung der Wohnbauförderung gefordert, damit wir mehr Geld in den Wohnbau stecken können, der Möglichkeiten bietet, Arbeitsplätze zu schaffen.

Beim Thema Löhne ist es schwieriger. Einen Mindestlohn müsste etwa die Bundesregierung beschließen.

Da haben wir gute Gewerkschaften, die das fordern und ausarbeiten. Wenn man sagt, das Land kann da nichts machen, stimmt das nicht ganz. Als der Landeshauptmann mit den Ärzten über neue Gehälter verhandelt, haben wir ganz klar gesagt, wenn es bei den Ärzten ein Nachbessern geben muss, dann gilt das auch für das Pflegepersonal, für über 20.000 Beschäftigte. Hier sind die Verhandlungen dann auch zu einem guten Abschluss gekommen. Auch hier haben wir bewiesen, dass wir direkt für die Menschen bei den Einkommen was machen können.

Ihnen werden trotzdem starke Verluste vorausgesagt. Funktioniert da die Kommunikation nicht richtig, den Menschen zu vermitteln, was man erreicht hat?

Wir versuchen natürlich, das den Menschen zu vermitteln. Es wird aber nicht von allen so wahrgenommen, weil es von anderen Themen, die im Brennpunkt stehen, überlagert wird. Es ist schwierig, zu vermitteln, dass nächstes Jahr durch die Lohnsteuerreform jeder mehr Geld im Geldbörsel haben wird, da jeder sagt, wer weiß, ob das stimmt.

Aktuell wird sehr viel spekuliert, ob es nach der Wahl Schwarz-Grün oder Schwarz-Blau geben wird. Welche Regierung wünscht sich eigentlich die SPÖ?

Wir haben immer gesagt, wir wollen mitregieren. Es wäre oft einfacher in der Opposition zu sein. Unser Ziel ist, zuerst ein ordentliches Ergebnis zu erreichen, also 25 Prozent plus X, und dann mit der ÖVP mitzuregieren. Es deutet alles darauf hin, dass die ÖVP wieder stimmenstärkste Partei wird.

Zur Person

Reinhold Entholzer (55)

ist seit November 2013 Chef der oberösterreichischen SPÖ. Der gelernte Hochbauingenieur kam über die Gewerkschaft an die Parteispitze.