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Der Schengener Grenzkodex der EU

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Mit dem Schengener Grenzkodex errichtet die EU ein neues Regime für die Kontrolle des Überschreitens ihrer Binnen- und Außengrenzen durch Personen. | Mitte Oktober trat die Verordnung 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) in Kraft. Die Verordnung ersetzt damit die bisherigen Regelungen für den Grenzübertritt von Personen an den Binnen- und Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten.


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Da die Mitgliedstaaten nach wie vor zuständig sind, den Grenzübertritt zu regeln, kommt ihnen auch die Verantwortung für eine effektive Grenzkontrolle zu, zu deren operativen Unterstützung der Rat 2004 die Europäische Agentur für die Außengrenzen (siehe WZ vom 27. September, Seite 11) errichtet hat. Mit dem Schengener Grenzkodex soll nun - unter Beachtung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips - ein gemeinsames Regelwerk geschaffen werden, das die mitgliedstaatlichen Grenzkontrollen zu einem integrierten Grenzschutz ausbaut und vereinheitlicht.

Binnengrenzen

Die Verordnung sieht vor, dass keine Grenzkontrollen in Bezug auf Personen stattfinden, die die Binnengrenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten überschreiten. Die Binnengrenzen dürfen daher, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen, an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden. Diese Abschaffung der Grenzkontrollen berührt aber nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, innerhalb ihrer jeweiligen Hoheitsgebiete nach wie vor Personenkontrollen auszuüben oder im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ausnahmsweise wieder Grenzkontrollen einzuführen; etwa durch die Kontrolle von Hooligans bei großen Sportveranstaltungen oder zur Abwehr von Drogenschmuggel.

Diese Maßnahmen sollten nicht über 30 Tage dauern und sind der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mitzuteilen. Sie können für jeweils höchstens 30 Tage verlängert werden.

Außengrenzen

Für die Grenzkontrollen in Bezug auf Personen, die die Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten überschreiten, legt der Schengener Grenzkodex rigorose Bedingungen fest. Die Außengrenzen dürfen zunächst nur an den Grenzübergangsstellen und während der festgesetzten Verkehrsstunden überschritten werden. Was die Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige - für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten (Schengener Kurzvisum) - betrifft, so müssen diese in Besitz eines gültigen Reisedokuments sowie eines Visums nach der Visa-Verordnung des Rates vom März 2001 sein. Weiters müssen sie über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts verfügen. Sie dürfen nicht im Schengener Informationssystems (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen.

Bei der Kontrolle der Aus- oder Einreise über die Außengrenzen bestehen zwei Kontrolllinien. Zunächst werden alle Personen, also auch Unionsbürger, einer Mindestkontrolle unterzogen, die eine reine Identitätskontrolle darstellt. Drittstaatsangehörige werden danach in einer zweiten Kontrolllinie einer eingehenden Untersuchung unterzogen, die sich gegebenenfalls auch auf das benützte Fahrzeug und mitgeführte Sachen erstreckt.

Nur unter außergewöhnlichen Umständen - beispielsweise bei unzumutbar langen Wartezeiten - können die Grenzübertrittskontrollen an den Außengrenzen vorübergehend gelockert werden. Vor allem an Flughäfen sind getrennte Kontrollspuren für EU- und Nicht-EU-Bürger einzurichten.