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Thomas Schmidinger hat jüngst an dieser Stelle über christliche Intoleranz in Vorarlberg geschrieben. Was mich mit ihm eint: Ein Minarett, eine Mosche und ein islamischer Gebetsraum lassen Österreichs sozialen Frieden nicht einfach kippen. Ein friedlicher Islam soll in einem christlich geprägten Land Platz haben.
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Durch die (durchaus diskussionswürdige) Aussage von Bischof Elmar Fischer ist für mich keineswegs irgendwo die Gefahr eines Bürgerkrieges oder dergleichen zu erkennen. Bemerkenswert finde ich Schmidingers Urteil über die "katholischen Reaktionäre". Es sei Ziel derselben, die Werte der Aufklärung zu Fall zu bringen. Dazu kann ich nur festhalten, dass sich Philosophen aller Strömungen und im Wesentlichen auch die Religionswissenschaftler darauf einigen können, dass es keine Religion auf der Welt gibt und gab, die so nahe an den Idealen der Aufklärung lebt wie das Christentum.
Da die Ideale der Aufklärung heute jedoch in Österreich ohnedies mit Füßen getreten und schamlos verzerrt dargestellt werden, verwundert es nicht, dass man sich zu derartigen Vorurteilen verleiten lässt, da die aktuellen Gesellschaftswerte weit von den ursprünglichen Werten der Aufklärung (und des Christentums) entfernt sind.
"Das Menschenbild katholischer und islamischer Fundamentalisten ist fast identisch." - Machen wir doch ein Gedankenexperiment und tauschen einfach "katholisch" mit einer anderen Religion aus - für die so entstehende Aussage könnte man vor dem Hintergrund österreichischer (und nationalsozialistischer) Geschichte Bekanntschaft mit der Justiz machen!
Und das ist gut so. Hetze ist kein "religiöses" Phänomen. Islamische Fundamentalisten, die Flugzeuge in Wolkenkratzer krachen lassen, die Touristen entführen, die Witwen und Waisen zu Selbstmordanschlägen anstiften, die von ihren eigenen Glaubensbrüdern im Westen zur Mäßigung aufgefordert werden und diese nicht einmal anhören, mit Bischöfen einer Kirche zu vergleichen, die weltweit zu Frieden und Solidarität aufruft - das ist echte Hass-predigt und Zeugnis für Polemik!
So ist nicht nur das Menschenbild von Fanatikern der islamischen Welt und konservativen Katholiken nicht annähernd identisch, sondern das Menschenbild, das Schmidinger der katholischen Kirche unterstellt, derart weit weg von der realen Situation, dass man ihm dies eigentlich gar nicht zum Vorwurf machen kann, da es höchstwahrscheinlich Ergebnis schlechter Erfahrungen und oberflächlicher Auseinandersetzung ist.
Nach wie vor betrachten viele Menschen einfach aus Unwissen die Kirche durch eine ganz bestimmte "Brillen" - vielleicht ist es Zeit, diese Brille wieder einmal zu putzen?
Constantin Gudenus studiert in Innsbruck Medizin.