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Der Schleichweg zum Justizminister

Von Konstanze Walther

Politik

Der neue US-Justizminister Matt Whitaker macht als glühender Verteidiger Donald Trumps einen Namen.


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Washington. Theoretisch sollte die Justiz so unabhängig und weisungsfrei wie möglich sein. Praktisch ist aber das Amt des Justizministers oder der Justizministerin in den USA dem Präsidenten unterstellt. Der sollte sich aber nach Möglichkeit und per Verfassung aus den Angelegenheiten der Justiz heraushalten.

Da die Spitze des Justizministeriums von eminenter Bedeutung ist, werden die potenziellen Amtsinhaber vom US-Präsidenten nominiert und vom US-Senat bestätigt. Das gilt einerseits für den Justizminister (beziehungsweise im US-Sprech: Generalstaatsanwalt) und für seinen Vize.

Das Kalkül dahinter: Wenn der Generalstaatsanwalt verhindert ist, übernimmt sein Vize das Ruder - und hier darf man darauf vertrauen, dass es sich auch um eine tadelsfreie Person handelt. So weit die Gesetze sowie ihre gelebte Interpretation. Bis jetzt.

US-Präsident Donald Trump hat es bekanntlich nicht so mit legistischen Traditionen. Seinen US-Justizminister, Jeff Sessions, hat er diese Woche gefeuert. Beziehungsweise, in den Worten von Sessions: "Auf Anweisung des Präsidenten reiche ich meine Rücktritt ein."

Wer übernimmt jetzt? Traditionell wäre es der bisherige Vize im Ministerium, Rod Rosenstein. Von Trump 2017 nominiert, vom Senat bestätigt. Rosenstein hat aber die Kardinalsünde begangen, den ehemaligen FBI-Mann Robert Mueller mit den Russland-Ermittlungen zu betrauen. Diesen Sündenfall in den Augen Trumps musste Rosenstein übrigens begehen, weil sich sein damals amtierender Chef, Jeff Sessions, als "zu befangen" erklärt hatte und die heiße Kartoffel an seine Nummer zwei weitergereicht hatte.

Doch während die Veröffentlichung der Russland-Ermittlungen Muellers immer näher rückt, wird Trump im Weißen Haus immer nervöser.

Und so kam es, dass Trump nicht nur Sessions feuerte, sondern auch einen ganz neuen - geschäftsführenden - Justizminister aus dem Ärmel zauberte sowie Rosenstein die Mueller-Agenda entriss. Denn um diese solle sich nun der geschäftsführende Justizminister kümmern. Der heißt Matthew Whitaker und ist der bisherige Stabschef von Jeff Sessions. Das macht einen wichtigen Unterschied: Denn für diesen Job hat Whitaker keine offiziellen Anhörungen durchlaufen müssen, einzig Sessions hat sein Okay gegeben. Das Weiße Haus beruft sich bei der Beförderung von Whitaker auf ein Gesetz, wonach Bundesangestellte, die schon länger als 90 Tage in einer leitenden Position im Amt sind, die jeweilige "Agentur" auch geschäftsführend übernehmen können.

Verfassungswidrige Bestellung?

Laut einem Zusatz in der US-Verfassung müssen aber höchstrangige Staatsbedienstete ("principal officers"), etwa jene, die allein dem Präsidenten verantwortlich sind, vom Senat bestätigt werden.

Und so gibt es genügend Juristen (unter anderem etwa der Ehemann von Trump-Beraterin Kellyanne Conway), die die Beförderung von Whitaker durch Trump als verfassungswidrig ansehen. Damit seien alle seine Amtshandlungen als nichtig zu betrachten.

Das könnte dann spannend werden, wenn sich Whitaker in die Russland-Ermittlungen einmischt. Man muss davon ausgehen, dass Trump damit rechnet: Schließlich hat sich Whitaker mit seiner Ablehnung der Mueller-Untersuchung von Anfang an für höhere Jobs in der Trump-Administration in Stellung gebracht.

Laut CNN hat etwa der Trump-Berater Sam Clovis im Jahr 2016 Whitaker den Tipp gegeben, über das Fernsehen die Aufmerksamkeit des damals neuen Präsidenten Trump zu gewinnen. Whitaker wurde daraufhin ein juristischer Kommentator von CNN und verteidigte öffentlich Trump in sämtlichen legalen Belangen. Er machte sich oft dafür stark, dass die Mueller-Untersuchung etwa keine Einsicht in die Finanzlage des Präsidenten haben soll - Stichwort Steuererklärung.

Im August 2017 schrieb Whitaker eine Kolumne für CNN mit dem Titel: "Muellers Untersuchung von Trump geht zu weit". Einen Monat später durfte sich Whitaker über seinen neuen Job freuen: als frischgebackener Stabschef des neuen US-Justizministers Jeff Sessions, den er nun beerbt. Noch hält sich Trump übrigens bedeckt darüber, ob Whitakers Bestellung nur interimistisch gedacht war oder längerfristig. Oder zumindest die Mueller-Untersuchung überdauern soll.

Das Justizministerium hat unter Trump schon viele neue Spitzen gehabt. Die Vize-Ministerin unter Barack Obama, Sally Yates, übernahm Anfang 2017 zehn Tage lang nach der Trump-Inauguration geschäftsführend das Amt. Sie wurde gefeuert, weil sie Trump beim Einreiseverbot von Muslimen nicht legale Schützenhilfe leisten wollte. Ein Staatsanwalt aus Virginia, Dana Boente, übernahm für die nächsten zehn Tage geschäftsführend das Amt, bevor Sessions offiziell Justizminister wurde.