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Der schmutzige Sieg des Daniel Ortega

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Analysen

Der Familienclan des Präsidenten von Nicaragua teilt sich das Land auf.


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Nicaraguas Sandinisten stehen erneut vor einem großen Wahlsieg: Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wurde Daniel Ortega ersten Auszählungen zufolge in seinem Amt bestätigt. Es ist die insgesamt vierte Amtszeit des 70-Jährigen, der einst als Guerilla-Kommandant gegen den korrupten Somoza-Clan kämpfte und mithalf die Familie, die das ganze Land beherrschte, aus dem Amt jagen.

Inzwischen ist es die Familie Ortega, die die kleine mittelamerikanische Nation im Alleingang regiert. Ehefrau Rosario Murillo wird künftig als Vize-Präsidentin auch ganz offiziell die Macht mit ihrem Mann teilen. Ein Teil ihrer Kinder haben wichtige Schlüsselpositionen in Wirtschaft und Politik inne. Das erinnert an monarchistische Strukturen aus der Zeit des Kolonialismus, als die spanischen Eroberer Macht und Ämter unter den adligen Familien aufteilten. Auch in Nicaragua gilt inzwischen: Blut ist stärker als Kompetenz.

Mit Ausnahme der Organisation Amerikanischer Staaten schaut die Weltöffentlichkeit nahezu teilnahmslos auf das traurige Schauspiel. Soziale Bewegungen, linke Parteien, die schnell dabei sind, Menschenrechte einzufordern, wenn irgendwo auf dem Planeten rechte oder reaktionäre Regierungen genau das Gleiche tun, was sich die Ortega-Regierung erlaubte, ignorieren dies wie so oft, wenn ideologisch verbündete Regierungen in Lateinamerika Wahl- und Menschenrechte mit Füßen treten.

Die im Vorfeld der Wahlen ausgeschaltete Opposition kann immerhin einen kleinen Teilerfolg verbuchen: Gut ein Drittel der Wahlberechtigten blieb zu Hause. Der Rest stimmte nach offiziellen Angaben mit Zwei-Drittel-Mehrheit für Ortega. Internationale Wahlbeobachter hatten keine Chance, sich ein umfassendes Bild vom Urnengang zu machen. An der Basis aber steigt Ohnmacht und die Wut auf den Ortega-Clan: Vor allem jüngere Nicaraguaner sind nicht mehr bereit, ihre Zukunft einem Familienclan zu opfern. Der nächste Konfliktherd zeichnet sich schon ab.