Zum Hauptinhalt springen

Der schnelle Blues

Von Hans-Paul Nosko

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ein wahrer Genuss war "Jazztime" in Ö1 am Dienstagabend. John Evers entrollte die Entwicklung des Boogie-Woogie, einer Musikform, die durch ihre Einfachheit besticht: Zwölf Takte, drei Tonstufen und eine ewig gleiche, schnelle Begleitung der linken Hand, die das Schlagzeug ersetzt.

Der erste prominente Vertreter des Boogie, der US-amerikanische Pianist "Pinetop" Smith, musste seine Liebe zur Musik allerdings noch mit dem Leben bezahlen: Er wurde, wohl aus Versehen, bei einer Schießerei in einer Pianobar getötet.

Der "Pinetop-Boogie", 1928 aufgenommen und die meistverkaufte Schellack-Platte aller Zeiten, war der musikalische Einstieg in die Sendung, die durch Ausgewogenheit von Wort und Ton bestach. Gut zwei Drittel der 45 Minuten gehörten der Musik. Genau zehn Nummern waren es, die Moderation bot jede Menge Interessantes über Geschichte und Ausformungen des "schnellen Blues".

Ohne den Hörer mit allzu viel Theorie zu behelligen, spannte Evers einen Bogen von den 20er Jahren bis zur Gegenwart, von frühen Boogie-Interpreten wie Tommy Dorsey und Jimmy Yancey über Count Basie bis zu Thelonious Monk und Charlie Parker. Anhand von selbst für Kenner überraschenden Musikbeispielen zeigte er auf, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, einen Boogie zu interpretieren. Am Ende der "Jazztime" fiel mir als einstigem Ö3-Hörer erst wieder ein, wie viel gute Musiksendungen es früher im Radio gab.