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Der Schuldenzirkel wird komplett

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Draghi deutet an, wie EZB mithelfen könnte, Athens Schuldenstand zu senken.


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Frankfurt. Geldpolitik kann so einfach sein - wenn man in London sitzt: Die Bank of England kurbelt die Druckerpressen in einem dritten Anlauf noch einmal gewaltig an und kauft um weitere 50 Milliarden Pfund (60 Milliarden Euro) Staatsanleihen. So soll die britische Wirtschaft, die Ende 2011 auf Schrumpfkurs gegangen ist, belebt werden. Diese Entscheidung trafen die UK-Zentralbanker am Donnerstag. Schon bisher hatten sie um 275 Milliarden Pfund (fast 330 Milliarden Euro) Staatstitel in die Bilanz genommen.

Für die Europäische Zentralbank ist das komplizierter. Weil sie keine Staatsfinanzierung betreiben darf, muss das Geschäft über fünf Ecken ablaufen. Bisher funktionierte der Geldzirkel so: Griechenland hat zur Finanzierung seiner Schulden Staatsanleihen ausgegeben, die großteils von Banken oder Versicherungen gekauft wurden. Seit Ausbruch der Schuldenkrise sind diese Papiere weiter unter ihren ursprünglichen Nennwert gefallen. Die EZB hat im Mai 2010 begonnen, diese Anleihen aus zweiter Hand aufzukaufen: Gemunkelt wird, dass griechische Papiere im Wert von rund 45 Milliarden Euro mit durchschnittlich 25 Prozent Abschlag gekauft wurden.

Zugleich erleichtert die EZB Euroländern wie Italien und Spanien die Kreditaufnahme, indem sie neue Staatsanleihenkäufe begünstigt: Die Zentralbank stellt den Banken nämlich über zwei Megaoperationen unbegrenzt günstige Drei-Jahres-Kredite zur Verfügung. Im Dezember 2011 wurde fast eine halbe Billion Euro abgerufen. Bei der zweiten (und vorerst letzten) Zuteilung am 29. Februar 2012 könnten die Banken sogar zwei bis drei Billionen Euro abrufen, erwarten Experten.

Ein weiterer Anlass für die Geldschwemme: Die EZB ortet zwar eine Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung auf niedrigem Niveau, befürchtet aber eine Kreditklemme. In einigen Ländern wie Italien und Spanien sei die Finanzierungssituation für die Unternehmen Ende 2011 schwieriger geworden, warnte EZB-Präsident Mario Draghi.

Auch Irland will profitieren

Deshalb hat die EZB die Geldschleusen geöffnet - wovon auch die Staaten profitieren. Seit dem Megakredit an die Banken sind die Zinsen, die Italien und Spanien für ihre Schulden zahlen müssen, deutlich gesunken. Eine Dauerlösung ist das aber nicht.

Jetzt könnte das Schulden-Ringelspiel komplettiert werden, um Griechenland zu helfen. Verzichten die Zentralbank (und die Nationalbanken des Eurosystems) auf die Gewinnspanne zwischen dem Nennwert der Anleihen und dem Ankaufspreis, würde das den Schuldenstand Athens um gut 11 Milliarden Euro senken.

Draghi wollte vor dem Eurotreffen am Donnerstagabend keine Aussage treffen, wie sich die EZB in Sachen Griechenland verhält. Dass die EZB Anleihen mit Verlust an den Rettungsschirm EFSF verkauft, schloss er dezidiert aus - das wäre verbotene Staatsfinanzierung. Der Italiener ließ ein Hintertürchen offen: Es sei nicht verboten, dass die EZB Gewinne gemäß den Anteilen an die Mitgliedsländer der Eurozone ausschüttet. Unausgesprochen blieb: Was die damit tun, ist ihre Sache.

Griechenland Sonderkonditionen einzuräumen, wäre für die EZB nicht ungefährlich: Irland hat bereits aufgezeigt und möchte gegebenenfalls auch profitieren. "Griechenland ist in jeder Hinsicht einzigartig", sagte Draghi dazu. Begehrlichkeiten aus Irland und Portugal würden auch die Sorge internationaler Investoren nähren, dass diese Länder als nächste nach Griechenland einen Schuldenschnitt anstreben. EU-Politiker haben das bisher dezidiert ausgeschlossen - ihnen wird aber nur noch bedingt geglaubt.

OeNB lockert Pfandpolitik

Und zum anderen sind auch die Megakredite der EZB an die Banken nicht ohne Risiko: Die Zentralbank kann nicht direkt steuern, welche Summen die Banken abrufen. Das langfristige Feintuning der Geldmenge wird für die Zentralbanker erschwert. Draghi selbst nennt die Drei-Jahres-Operationen "so groß und kompliziert", dass man sie sich nicht als Dauereinrichtung wünsche.

Gedeckelt ist diese Summe nur durch die Verfügbarkeit von Sicherheiten, welche die Banken als Pfand hinterlegen müssen. Und hier sind immer riskantere Papiere erlaubt - nunmehr dürfen Banken sogar Bündel von Unternehmenskrediten zu Geld machen.

Damit sollen besonders jene Banken leichteren Zugriff auf EZB-Kredite erlangen, die für die Finanzierung von Klein- und Mittelbetrieben wichtig sind, sagte Draghi - und fügte hinzu: "Ja, die EZB geht damit mehr Risiko ein." Das Risiko solle durch strenge Auflagen und hohe Abschläge (oder aus Notenbanksicht Über-Besicherung) im Zaum gehalten werden. Es sind vorerst nur 7 der 17 nationalen Euro-Notenbanken, welche solche Sicherheiten minderer Qualität akzeptieren: neben Österreich Frankreich, Italien, Spanien, Irland, Portugal und Zypern.

Es gebe zwar momentan keinen speziellen Bedarf, man wolle den Banken aber "für die Zukunft ein breiteres Angebot von Möglichkeiten" bieten, heißt es bei der Oesterreichischen Nationalbank auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Welche Beträge an pfandtauglichen Papieren dadurch frei werden, ist schwer abschätzbar. In Summe beträgt der Bestand an Firmenkrediten in Österreich 140 Milliarden Euro.