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Der Schutz eines Grundwertes: Leben

Von Benjamin Abtan

Gastkommentare
Benjamin Abtan ist Gründer und Präsident von "EGAM - European Grassroots Antiracist Movement" und koordiniert das europäische Netzwerk von Parlamentariern gegen Genozide, Massenmorde und Genozidleugnung, das 175 Abgeordnete aus 31 Ländern verschiedenster politischer Herkunft umfasst (vollständige Liste auf www.egam.eu).
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Syrien, Irak, Darfur, Burundi... Die unerträgliche Liste der Gräueltaten, die sich zu Völkermorden entwickeln könnten und vor unseren Augen begangen werden, ist lang.

Zeitgleich beobachten wir auf unserem Kontinent eine zunehmende Verleugnung von Völkermorden durch politische Parteien und einer bestimmten, immer populäreren werdenden Kultur, welche sich durch unterschiedlichen Formen kennzeichnet: Leugnung oder Umkehrung der Tatsachen, Relativismus, Verwirrung oder Konkurrenz der Opfer.

Doch Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel lehrt uns: "Der Henker tötet immer zweimal, das zweite Mal durch Schweigen." Die Völkermord Verleugnung ist die Fortsetzung des Völkermords.

Deshalb münden die Prävention von Völkermorden und massenhaften Gräueltaten sowie das Engagement gegen Völkermord- Leugnung in ein und dieselbe Bewegung.

Es handelt sich um den Schutz eines Grundwerts - Leben - und eine Verpflichtung, welche die Gesellschaft und nationale sowie parteiische Identitäten teilen. Es geht uns alle etwas an.

Mitglieder der Parlamente haben die Befähigung Maßnahmen zu ergreifen und tragen damit eine besondere Verantwortung. Diese Verantwortung verpflichtet uns zu handeln.

Trotz verschiedener Hintergründe und Unstimmigkeiten zwischen uns, vereinigen wir uns im Namen der Menschlichkeit, um Völkermorde und Massenverbrechen zu verhindern und Genozid Leugnung zu bekämpfen.

Mit einer universalistischen Herangehensweise wollen wir sicherzustellen, dass die Wahrheit über die Lüge herrscht, Wissen über die Unwissenheit, die Solidarität über den Egoismus, das Leben über Zerstörung.

Zusammen mit verschiedenen internationalen, regionalen und nationalen Organisationen sowie mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen wollen wir garantieren, dass die Verantwortung der Genozid Prävention mit Strenge und Effizienz implementiert wird.

Konkret werden wir erstens Fakten und Tatsachen dokumentieren. Wir wollen die breite Öffentlichkeit, unsere Regierungen und europäische, regionale sowie internationale Institutionen informieren und vor Gefahrensituationen warnen.

Außerdem wollen wir sicherzustellen, dass sich diese Institutionen, beginnend mit unseren Regierungen, sich entschlossen verpflichten ein Ende für alle potenziellen Völkermorde zu setzen - wo auch immer sie in der Welt stattfinden.

Weiterhin arbeiten wir an Ort und Stelle innerhalb der Institutionen, beginnend mit unseren Parlamenten, um Mechanismen zur Überwachung und Intervention von Risikosituationen zu entwickeln, damit Massengrausamkeiten verhindert werden oder die bereits stattfindenden, endlich stoppen.

Unser Engagement gegen die Leugnung des Völkermords, wie die UN-Konvention den Begriff des Genozids 1948 mit anschließender Anerkennung von internationalen Institutionen und der wissenschaftlichen Welt definierte, wird sich auf verschiedene Weise verbreiten.

Wir wollen eine öffentlichen Debatte über das Thema anregen, die verschiedenen Ausdrucksformen der Völkermord Verleugnung bekämpfen und zuletzt unser effizientestes Werkzeug nutzen: Die Ausarbeitung von Gesetzen.

Die Verbreitung von Wissen drängt die Genozid Verleugnung zurück. Deshalb wollen wir absichern, dass Historiker in der Lage sind mit höchster Freiheit wissenschaftlich zu arbeiten und recherchieren - vor allem durch einen offenen Zugang zu allen betroffenen Archiven und die deutliche Unterstützung dieses Forschungsbereichs.

Bildung und Überlieferung sind von grundlegender Bedeutung für unseren gemeinsamen Kampf. Kenntnisse über die Geschichten und die Erinnerungen an den Völkermord bieten aktuellen und zukünftigen Generationen eine Offenheit für die Welt, Aufmerksamkeit für die Anderen, eine größere Deutlichkeit und wird uns helfen, eine gemeinsame Kultur der Menschenrechte zu erschaffen.

Ausgehend von diesem Hintergrund werden wir mit Repräsentanten der Opfer Gedenkfeiern an den Orten der Völkermorde gestalten. Mit Solidarität werden wir die Überlebenden und die Widerstandskämpfer, sowie deren Nachkommen bei den Auswirkungen des Völkermords beiseite stehen.

Ebenso werden wir Maßnahmen organisieren um die Thematik in unsere Parlamenten zu übermitteln und Aktionen der Zivilgesellschaft sowie von anderen öffentlichen Einrichtungen zu unterstützen.

Außerdem wollen wir erreichen, dass die Geschichten und Erinnerungen von Völkermorden in die Lehrpläne aufgenommen werden. Wir werden auch die Entwicklung von Studien in der wissenschaftlichen Welt unterstützen.

Primo Levi sagte: "Es geschah, deshalb kann es wieder geschehen: Das ist der Kern dessen, was wir zu sagen haben. Es kann passieren - überall." Für unsere und die zukünftigen Generationen wird unsere Wachsamkeit und unser Engagement unabdingbar sein.