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Der selbstfahrende Koffer

Von Judith Belfkih

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Der Erfindungsreichtum des Menschen ist unerschöpflich. Zumal die Technik immer neue Möglichkeiten eröffnet. Der unmittelbare Nutzen für die Menschheit steht dabei nicht immer im Vordergrund. Jüngste Entwicklung in der sonst eher profanen Welt des Gepäcks ist der selbstfahrende Koffer. Einfach nur hinter sich herziehen war gestern, morgen fährt das Gepäck selbst. Der mit Infrarotsensoren ausgestattete Koffer ist ein Alleskönner. Er folgt seinem Besitzer auf Schritt und Tritt, passt seine Geschwindigkeit laufend an und kann sich lustig im Kreis drehen, also fast tanzen. Über die Batterie lässt sich das Handy aufladen, die eingebaute Waage weiß immer, wie schwer der Koffer ist. Der Name travelmate robotics zeigt, wie viele postmoderne Grundbedürfnisse diese Erfindung befriedigt: Das nach technischem Spielzeug etwa und die unendliche menschliche Bequemlichkeit. Sie erfüllt sogar den Drang des Menschen, alles vermenschlichen oder zumindest verwesentlichen zu wollen. Bei Koffern war das bisher zugegeben etwas schwierig. Dieses Modell erinnert jedoch unweigerlich an ein treues Hündchen, das seinem Besitzer auf Schritt und Tritt folgt, ein Begleiter, ja gar das perfekte Haustier für vereinsamte Jet-Setter, die die langen, trostlosen Flughafengänge endlich nicht mehr alleine abschreiten müssen. Einziger Konkurrent ist ein Modell, das nicht nur fährt, sondern sogar gefahren werden kann. Ein Koffer als eine Art elektrisches Miniaturauto für gelenkige Erwachsene.

Mit den Funktionen eines Tamagotchi sind beide Modelle noch nicht gekreuzt. Doch auch der Weg zu profanen nächsten Steckdose kann ein sehr weiter sein.