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Der Sieg gegen die Übermächtigen

Von Alexia Weiss

Politik

Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem. | Wie die Juden im Kulturkampf gegen die Hellenisten siegten. | Wien. Kerzenzünden, Krapfen und Kartoffelpuffer, Lieder singen und kleine Geschenke für die Kinder - zum fröhlichen Feiern lädt das jüdische Lichterfest Chanukka ein, das heuer am Abend des ersten Dezember beginnt. Acht Tage dauert dieses Fest, das an den Sieg der jüdischen Freiheitskämpfer Makkabäer über die in Jerusalem herrschenden Griechen erinnert. Der im Zuge der Besatzung entweihte Tempel wurde 164 vor Christus wieder seiner Bestimmung übergeben.


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Dabei geschah der Überlieferung nach ein Wunder: Der siebenarmige Leuchter, die Menora, sollte wieder angezündet werden. Doch im Tempel fand sich lediglich ein Kännchen mit geweihtem Olivenöl, das für einen Tag ausreichte. Neues Öl herzustellen dauerte aber acht Mal so lange. Das Wunder bestand darin, dass die kleine Menge Öl statt nur einen acht Tage lang brannte.

Der Chanukka-Leuchter, auch Chanukkia genannt, hat daher neun Arme: Jeden Tag wird eine Kerze mehr angezündet, bis am Ende alle acht brennen. Der neunte Arm trägt die Diener-Kerze. Mit ihr werden die anderen Lichter entzündet.

Die Geschichte vom Chanukka-Wunder begeistert vor allem Kinder. Die Bedeutung des Fests im Judentum reduziert sich allerdings nicht auf diese Geschichte. "Es geht um die Bewahrung des jüdischen Wertesystems", sagt Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister. Die Herausforderung in der damaligen Zeit bestand darin, nicht den jüdischen Glauben, nicht die eigenen Werte aufzugeben und sich damit nicht der hellenistischen Gesellschaft anzupassen.

Das betont auch Rabbiner Jacob Biderman, Leiter des Wiener Chabad-Zentrums. Chabad wurde vor rund 200 Jahren gegründet, verstand sich damals als intellektuelle Schule der chassidischen Bewegung und bemüht sich nach dem Holocaust vor allem, assimilierten Juden das observante Judentum wieder näherzubringen.

Spiritualität statt Körperkult

Der Sieg der Makkabäer gegen die Griechen sei der Sieg der Wenigeren, Schwächeren, Unterdrückten gegen die Übermächtigen, Mehreren, Stärkeren gewesen. "Den Griechen beziehungsweise Hellenisten ging es ja nicht darum, das jüdische Volk umzubringen und zu vertreiben, es ging um einen Kulturkampf." Kurz: Die Juden sollten nicht mehr zu ihrem Gott, sondern zu den griechischen Göttern beten. Im Mittelpunkt sollte nicht mehr die Seele, die Spiritualität im Geist der Torah, sondern der Körper, die Kraft des Körpers stehen, so Biderman.

Diesen Sieg auf der Werteebene hinauszutragen - dazu sollen die Lichter der Chanukkia beitragen. Traditionell wurden und werden diese bei der Haustüre aufgestellt, oder auf dem Fensterbrett. Die Lichter sollen auch von außen gesehen werden und so an das Wunder beziehungsweise den gewonnenen Kulturkampf erinnern.

Die Chabad-Bewegung zündet seit vielen Jahren weltweit auch in der Öffentlichkeit Kerzen an, und zwar auf einem überdimensionierten Chanukka-Leuchter. Dieses Jahr wird die Chanukkia in Wien am Abend des 4. Dezember auf dem Stephansplatz aufgestellt. Für Musik sorgt DJ Golan. Gereicht werden Krapfen (Sufganjot), eine traditionelle Chanukka-Speise, da Krapfen - wie auch andere zu diesem Fest übliche Gerichte wie Kartoffelpuffer (Latkes) oder Palatschinken - in Öl herausgebacken werden und damit ebenfalls an das Wunder im Tempel erinnern.

Erster Chanukka-Buchmarkt

Krapfen und weitere Köstlichkeiten gibt es auch beim Ersten Wiener Chanukka-Buchmarkt, zu dem die Kulturkommission der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien am Sonntag (28. November) Nachmittag ins Gemeindezentrum lädt. Im Mittelpunkt stehen Bücher israelischer und jüdischer Autoren, vor allem solche für Kinder und Jugendliche.

Prominente tragen dabei in einem Lesezelt unter dem Motto "Literarische Kinderwelt" auch in deutscher, englischer und hebräischer Sprache aus Büchern vor. Es werden dafür unter anderen Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, die Journalistin Susanne Scholl und ORF-Moderatorin Doris Appel erwartet, sagt die Vorsitzende der Kulturkommission, Ellinor Haber. Sie will mit dem Markt nicht nur die jüdische Gemeinde, sondern auch nichtjüdische Interessierte in die Seitenstettengasse einladen.

Traditionelle Geschenkkultur

Gefeiert wird auch im Jüdischen Museum Wien: Am Nachmittag des 8. Dezember bittet Direktorin Danielle Spera zum Familiennachmittag. Sie wird dabei eine Chanukka-Geschichte lesen, die zu einem anschließenden Museums-Rundgang inspiriert. "Das Chanukka-Fest ist ein Familienfest, wo alles dabei ist, was man gerne hat: eine tolle Geschichte rund um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem inklusive Wunder, Kerzen anzünden, spielen, gut und viel essen und natürlich Geschenke - das mögen alle, ganz gleich wie jung oder alt man ist", sagt die Leiterin der Vermittlung im Jüdischen Museum, Hannah Landsmann.

Kinder bekommen seit jeher kleine Geschenke zu Chanukka, die Betonung liegt auf klein, sagt dazu Rabbiner Hofmeister, Konsumrausch solle hintangehalten werden. In manchen jüdischen Familien schenken einander heute aber auch Erwachsene Kleinigkeiten - angelehnt an die Geschenkkultur der Mehrheitsgesellschaft in dieser Jahreszeit.

Mehr- und Minderheiten werden auch in einer Lichtinstallation des Jüdischen Museums während der Chanukka-Tage am Judenplatz thematisiert: In den Abendstunden wird das Bild einer Chanukkia auf den Boden des Platzes projiziert. Gewählt wurde dafür ein Schaustück aus der laufenden Ausstellung "Die Türken in Wien": ein Chanukka-Leuchter in Form eines Halbmondes, gefertigt Ende des 19. Jahrhunderts in Bosnien.

www.chabad.at