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Der Skateboard-Storyteller

Von Anja Stegmaier

Wirtschaft
Skateboardfahrer und Unternehmer Michael Paul in seinem Shop in Wien.
© Stil-Laden

Michael Paul betreibt seit 15 Jahren den Stil-Laden in Wien. Der Skateboard- und Mode-Shop behauptet sich mit Kulturgeschichte und Entschleunigung gegen die Großen in der Branche.


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Eine Nische finden, sie besetzen, weiterentwickeln und ausbauen. So beschreibt Michael Paul seinen Erfolg mit dem Stil-Laden. Der Wiener gründete vor 15 Jahren den Skateboard- und Modeladen in der Lindengasse im 7. Wiener Gemeindebezirk und konnte sich seither gegen zunehmende Konkurrenz durch große Ketten und Brands im Umfeld behaupten. "Schon vor 15 Jahren haben wir mit unserem Konzept genau gewusst, was wir wollten. Wir wollten Nische sein und bleiben und die Antithese zu diesem schnelllebigen Konsum sein - und das ist uns ganz gut gelungen", erklärt der 45-jährige Einzelhändler.

Skateboardfahren, das heuer erstmals bei den Olympischen Spielen vertreten ist, ist beliebt wie noch nie, das spüren auch Paul und sein Team. Der Trend habe sich schon vorher abgezeichnet, sei aber durch die Corona-Krise nochmals verstärkt worden. "Skateboarden kommt den Lockdown-Auflagen sehr entgegen. Man kann es alleine machen, mit Abstand und man kann es fast überall machen", erklärt Paul. Es stoßen auch immer mehr Mädels und Frauen dazu, "das bringt einen extrem positiven Vibe in die Szene", sagt Paul, der selbst seit mehr als 30 Jahren Skateboard fährt. Der aktuelle Boom der Outdoor-Sportarten kam auch im Stil-Laden an. "Wenn wir offen haben, läuft das Geschäft sehr gut. Wenn wir geschlossen haben, weniger", so Paul. Der Webshop, den es ebenfalls seit 15 Jahren gibt, habe schon immer gut zugeliefert, könne aber nur begrenzt den stationären Handel ersetzen, so Paul.

Skateboards, Sneaker, Outdoor-Mode: der Stil-Laden in der Lindengasse im 7. Wiener Gemeindebezirk.

Lieferkettenprobleme durch Corona-Krise

Außerdem habe es Lieferkettenprobleme gegeben. Ein Großteil der Rollen und Achsen komme aus China, die Bretter, Decks genannt, aus den USA. Zu Beginn der Krise gab es also keine Rollen und Achsen, dafür Decks. Das habe sich dann gedreht, erzählt Paul. Als die Krise in den USA ausbrach, gab es keine Decks mehr. "Es hat fast ein Dreivierteljahr gedauert, bis sich diese ganze Logistik normalisiert hat. Wir waren von diesen Lieferketten abhängig und das war schon ein Problem", sagt Paul. "Wir haben etwa den Bestand von Shops, die zugemacht haben, aufgekauft, um so wieder an Achsen und Rollen für die Boards zu kommen. Es war nicht einfach und man muss wahnsinnig flexibel sein und bleiben", erklärt der Wiener. Genau das sei der springende Punkt, nicht nur in Krisenzeiten, erklärt Paul. Man müsse sich immer neu erfinden, weiterentwickeln und offen sein für neue Sachen.

Subkultur Skateboard: Der "Panic Room", ein Ausstellungsraum des Stil-Laden. Dafür hat der Shop mit dem Skateboardmuseum Stuttgart und Nike kooperiert.
© Stil-Laden

Im Krisenjahr hat Paul ein zweites Ladenlokal gegenüber eröffnet und eine Gastronomielizenz für sein Café im Shop sowie eine Lizenz für einen Schanigarten beantragt. Die Erweiterung mit dem Ladenlokal gegenüber ist dabei mehr als nur Shop. In Kooperation mit Nike und dem Skateboardmuseum Stuttgart wurde ein "Panic Room" gestaltet, ein Ausstellungsraum für Skate-Kulturgeschichte. Paul will damit Räume zum Entschleunigen, Verweilen und Austauschen schaffen - ohne Konsumzwang.

"Einzelhandel funktioniert nur dann richtig gut, wenn du auch ein gewisses Storytelling betreibst. Dinge nur in den Laden stellen, ohne eine Geschichte zu erzählen, funktioniert nicht", ist Paul überzeugt. "Für uns ist Skateboarden mehr als nur Sport oder Mode. Es kommt aus einer Subkultur und diesen kulturellen Aspekt zu kommunizieren, war uns schon immer wichtig."

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