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Der Sohn des Königs, der König werden könnte

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

In Saudi-Arabien kommt offiziell Kronprinz Mohammed bin Nayef nach dem König, doch der Königssohn könnte an dessen Stelle treten.


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Das Treffen von US-Präsident Barack Obama mit Saudi-Arabiens König Salman vorigen Freitag fällt in eine Zeit, in der US-Regierungsvertreter den latenten Nachfolgestreit zwischen dem jungen ehrgeizigen Sohn des Königs und dem Kronprinzen besorgt beobachten. Begleitet wurde König Salman (79) beim Besuch im Weißen Haus von seinem Sohn Mohammed bin Salman, der mit seinen erst 30 Jahren bereits die Positionen des Vize-Kronprinzen, des Verteidigungsministers und des Chefwirtschaftsplaners einnimmt. Offiziell kommt er hinter Kronprinz Mohammed bin Nayef (56), einem Sohn von Ex-Innenminister Naif ibn Abd al-Aziz, der Geheimdienstchef und Innenminister war und seit Jahren der wichtigste Verbündete der USA gegen den Terror ist.

Beide Seiten beschrieben das Treffen als Erfolg. Aber Obama warnte, dass die von den Saudis angeführte Militärkampagne im Jemen, für die sich Mohammed bin Salman einsetzt, eine "katastrophale" humanitäre Lage erzeugt, die sich, wie ein US-Regierungsbeamter sagte, unvermeidlich auf Saudi-Arabien auswirken werde.

US-Regierungsbeamte beobachten seit Wochen die aggressive politische Rolle, die Mohammed bin Salman spielt. MBS, wie er genannt wird, ist im April in der Thronfolge nachgerückt, nachdem Prinz Muqrin fallengelassen wurde. Wenn der König, so die Überlegung von Beobachtern, die Nachfolge einmal ändern konnte, wird er das auch ein zweites Mal können, zugunsten seines Sohnes.

"Er ist der Sohn des Königs", sagt ein prominenter arabischer Regierungsvertreter über Mohammed bin Salman: "Die Chancen stehen gut, dass er der nächste König wird. Je länger Salman lebt, umso größer die Chance, dass MBS ihm nachfolgt. Kein Grund zur Sorge: Investieren Sie in MBS. Lernen Sie ihn kennen."

König Salman und sein Sohn haben energisch einige diplomatische Initiativen gestartet. Sie haben einen umfassenden Dialog mit Russland begonnen und im Juni eine große Delegation (inklusive mehrerer Minister) zum Internationalen Wirtschaftsforum in Petersburg entsandt. Und der saudische Außenminister hat seine Amtskollegen aus Russland und den USA im August in Doha, Katar zu trilateralen Gesprächen über Syrien getroffen.

Mohammed bin Salmans verblüffendster Schritt in Sachen Syrien war ein Treffen mit dem geheimdienstlichen Chefberater des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, Ali Mamlouk, im Juli in Riad. Bei diesem Treffen, das offensichtlich von Russland vermittelt wurde, brachte der junge saudische Verteidigungsminister laut einem Regierungsbeamten die Idee in Umlauf, dass Assad an der Macht bleiben könnte, wenn der Iran geht.

Russland hat damit begonnen, militärisches Gerät ins nördliche Syrien zu verlegen, vermutlich für eine Basis, von der aus russische Flugzeuge Angriffe gegen den Islamischen Staat und andere Extremistengruppen, die sich gegen Assad stellen, fliegen könnten. Russland trifft sich auch mit einigen Mitgliedern der syrischen Opposition.

Die "fortdauernde Beziehung" wurde nach dem Treffen zwischen Syrien und den USA in einer gemeinsamen Erklärung gelobt. Stimmt, aber den USA machen die jüngsten Entwicklungen in der undurchsichtigen saudischen Monarchie Kopfzerbrechen.

Übersetzung: Hilde Weiss