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Der Song Contest - mittlerweile durch die Aufnahme von Dutzenden Mitgliedsstaaten jenseits von Europa auf eine beachtliche Größe angeschwollen - geht diese Woche mit drei Shows über die Bühne. Ein großes, schillerndes Fest der Musik, oder zumindest dessen, was manche dafür halten, darf erwartet werden. Die kritischen Stimmen, die zumindest versuchten, das Augenmerk darauf zu legen, dass das offizielle Austragungsland Aserbaidschan mit seinen Kritikern in der Regel nicht zimperlich umgeht, wurden von der johlenden Spaßgesellschaft nicht vernommen. Ankündigungen, man werde nicht in einem Land ein fröhliches Fest feiern, dass Regimegegner in der Kerker wirft, kamen über den Status eines frommen Wunsches nicht hinaus.
Dass Aserbaidschan ein hervorragender Gastgeber sein wird, daran besteht kein Zweifel. Denn das Land hat den Song Contest zur Gänze ausgelagert: Die Millionen schwere extra errichtete Halle baute der Alpine Baukonzern, die Show wird von der deutschen Produktionsfirma Brainpool schlüsselfertig angeliefert. Ketzerische Fragen wie jene, was dann daran noch eine speziell aserische Kulturleistung sei und in wie weit es unter solchen Bedingungen überhaupt sinnvoll ist, den Wettbewerb jedes Jahr in einem anderen Land abzuhalten, wenn eh alles aus Köln-Mülheim kommt, werden in der Regel nicht einmal gestellt. Hauptsache, man kann diskutieren, wer wem wie viele Punkt zugeschoben hat.
Das macht diese Veranstaltung symptomatisch für den Zeitgeist. Muss man das bedauern? Nein, es gibt Schlimmeres. Aber nachdenken schadet auch nicht.