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Der spektakuläre Abgang des Diktators

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Lima - Als "Mister Nobody", dem niemand eine Chance gab, erschien Alberto Fujimori vor einem Jahrzehnt auf der politischen Bühne Perus und besiegte in den Präsidentenwahlen den Schriftsteller Mario Vargas Llosa. Und so überraschend wie er aufgetaucht war, tritt der nach Fidel Castro dienstälteste Staatschef Lateinamerikas nun ab, nachdem in den letzten Monaten das ganze Ausmaß an politischer Korruption, das ihn an der Macht gehalten hatte, offenbar wurde.


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Fujimori, der am 28. Juli 1990 seine erste Amtszeit begann, mutierte bald vom Hoffungsträger zum Diktator, der sich mit allen legalen und auch illegalen Mitteln an der Macht hielt. Um überhaupt peruanischer Präsident werden zu können, ließ er seine Geburtsurkunde fälschen. Sein berüchtigter späterer Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos machte aus dem in Japan geborenen Fujimori den Sohn japanischer Einwanderer, dessen Wiege in Peru gestanden hatte.

Bereits 1992 löste Fujimori mit Militäreinsatz das von der Opposition dominierte Parlament auf und ließ im August 1993 von einer verfassungsgebenden Versammlung ein neues Grundgesetz beschließen, das nur eine einmalige Wiederwahl des Staatsoberhauptes vorsah. Bereits 1996 wurde dieses Gesetz aber gegen den heftigen Widerstand der Opposition uminterpretiert: Seine erste Amtszeit sollte nicht gelten, da sie vor der neuen Verfassung begonnen hatte. So trat der immer autoritärer agierende Fujimori heuer im Frühjahr zum dritten Mal zu Präsidentenwahlen an und nach einer Wahlfarce wurde er im zweiten Wahlgang, zu dem sein Herausforderer Alejandro Toledo nicht mehr antrat, zum dritten Mal zum Präsidenten Perus. Offensichtlich war aber seine Macht schon schwer ramponiert, denn im Parlament war ihm die Mehrheit abhanden gekommen. Sein Freund und Berater Montesinos half mit Bestechung ab. Als am 14. September ein Video auftauchte, aus dem deutlich hervorging, dass Montesinos einen Oppositionsabgeordneten mit 15.000 Dollar gekauft hatte, war das letzte Quantum an Glaubwürdigkeit dahin. Fujimori musste unter heftigen Protesten der Opposition Neuwahlen für das kommende Frühjahr ausschreiben, bei denen er nicht mehr antreten würde. Montesinos floh neun Tage nach dem Auffliegen der Affäre nach Panama, kehrte aber ein Monat später nach Peru zurück, wo er offensichtlich höchste Protektion bei den Militärs genießt, die er sich in der Zeit als Geheimdienstchef gefügig gemacht hatte. Das Bild eines Präsidenten, der die Suche nach Montesinos leitet und nicht fündig wird, das Auftauchen von drei Schweizer Bankkonten, auf die Montesinos 48 Millionen Dollar überwiesen hat, die ganz offensichtlich aus Geldwäsche- und Drogengeschäften stammen, setzten Fujimori derart unter Druck, dass er von einer Auslandsreise nicht mehr zurückkehrte und aus seiner urprünglichen Heimat Japan seine Demission bekanntgab. Zu sehr hatte er sich seinem Geheimdienstchef Montesinos ausgeliefert, als dass er sich ohne dessen Hilfe weiter an der Macht hätte halten können. Nach dem Auffliegen der Korruptionsskandale hatte sich die politische Macht Fujimoris wie Schnee in der Frühlingssonne aufgelöst.