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Als hätte sie geahnt, was Österreichs Regierung dieser Tage antreibt, hat die EU 2011 zum "Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeiten für aktive Bürgerbeteiligung" gekürt. Vielleicht lässt sich ja daraus ein bisschen öffentlicher Rückenwind für die Pläne der SPÖ generieren, aus dem freiwilligen Sozialen Jahr ein Ersatzmodell für den Zivildienst zu basteln.
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Außer Zweifel dabei steht: Bürger, die sich freiwillig für das Gemeinwohl engagieren, sind edel, tapfer und gut. Das wusste schon der Athener Perikles, der vor rund 2500 Jahren dekretierte: "Wer an den öffentlichen Dingen keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger." Tatsächlich lässt sich keine soziale Organisation vorstellen, die auf die ehrenamtliche Mitarbeit ihrer Mitglieder verzichten könnte - und der Staat in seiner aktuellen Ausformung schon gar nicht.
Nur passt das so gar nicht zu dem Bild, dass der moderne Wohlfahrtsstaat so gerne von sich selbst malt. Frühere Gemeinwesen wussten um ihre grundsätzlichen Lücken und konzeptionelle Unvollkommenheit. Nach 1945 ist der Staat in unseren Breiten jedoch angetreten, diese auszumerzen, ja sich selbst zu perfektionieren. Der dahinter stehende Tauschhandel war offensichtlich: Mehr Service und Dienstleistungen der öffentlichen Hand im Gegenzug für höhere Steuern und Abgaben.
Das Problem ist nur: Dieser Handel lässt sich, auch wenn von Politikern mitunter anderes versprochen wird, nicht beliebig weiter ausbauen. Sowohl die Leistungsfähigkeit staatlicher Bürokratien als auch die Belastung der Steuerzahler erreichen irgendwann ihre Grenzen. Beim gesellschaftspolitischen Megathema Altern und Pflege ist das längst eingetroffen
Dann bleibt jedoch noch immer unendlich viel zu tun, das sich nicht in herkömmlichen Formen leistungsorientierter Bezahlung erledigen lässt. Der Staat wird auch in Zukunft seine Bürger nicht nur als Steuerzahler brauchen. Das ist prinzipiell eine ausgezeichnete Nachricht. Zumindest dann, wenn Politik und Verwaltung das freiwillige Engagement der Menschen nicht nur in blumigen Sonntagsreden würdigen, sondern auch in ihrem Alltagsverhalten. Etwas mehr Demut und das Wissen um eigene Grenzen wären kein schlechter Anfang.