Noch vor dem Sommer soll fertiger Entwurf zur Reform präsentiert werden. | Minister Molterer: Wahlrechtsreform vorziehen. | Wien. Die Regierung unternimmt einen neuen Anlauf für eine Verwaltungs- und Verfassungsreform. Bis 30. Juni soll eine siebenköpfige Expertengruppe einen "fertigen Entwurf" liefern, kündigte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Freitag vor Beginn der ersten Runde der Arbeitsgruppe vor Journalisten an. Damit war es aber auch schon vorbei mit den Neuigkeiten. Die Journalisten durften keine Fragen stellen, die Experten müssten "jetzt einmal arbeiten", hieß es.
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Dass es "kein großer Wurf" sein wird, kündigte bereits SPÖ-Chefverhandler, Volksanwalt Peter Kostelka an. "Wir haben uns von vornherein vorgenommen, nicht die ganz große Verfassungsreform zu machen, sondern Stück für Stück Reformbereich nach Reformbereich abzuarbeiten und der Regierung vorzulegen." Damit wird dem Gelingen der Reform auch eine "bessere Chance" als dem letztlich gescheiterten Österreich-Konvent eingeräumt. Auf diesen will die neue Regierung aber aufbauen. "Das bereits vorhandene reichhaltige Material, ist die Grundlage für die Arbeit des Ausschusses", sagte Gusenbauer.
Für Finanzminister und Vizekanzler Wilhelm Molterer ist es vor allem wichtig, dass die ökonomischen Effekte gesehen werden. Daher wurde das Institut für Höhere Studien (IHS) mit einer Studie zur geplanten Senkung der Verwaltungskosten beauftragt.
Die Verfassungsbereinigung soll Doppelgleisigkeiten abbauen. Man müsse "über Einsparungen in der Staats- und Verwaltungsstruktur Mittel freibekommen", um Zukunftsausgaben zu finanzieren, sagte der Kanzler. Unternehmen und Bürger müssten entlastet werden, so sein Vize. Einige Punkte würde Molterer gerne vorziehen - etwa die Wahlrechtsreform, die man "rascher auf die Reise schicken" sollte.
Reform als Basis für
Finanzausgleich 2008
Woher die angekündigten Millionen-Einsparungen durch die Reform kommen sollen, blieb am Freitag unbeantwortet. Angekündigt wurde ja bereits der geplante Beamten-Abbau. Molterer will jeden zweiten Pensionierten nicht nachbesetzen. Beamtenministerin Doris Bures ist gegen eine "Rasenmäher"-Methode. In jedem Fall soll die Reform zum Sparziel der Regierung von heuer 620 Millionen Euro beitragen. Die Ergebnisse sollen bei den Finanzausgleichsverhandlungen im Jahr 2008 berücksichtigt werden können.
Als Schwerpunkte nannte der Kanzler das Wahlrecht, die Grundrechte und eine klare Kompetenzaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Nun sollen die Details erarbeitet und bis Jahresende mit rot-schwarzer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden:
Wahlrecht: Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, Einführung der Briefwahl, Verlängerung der Gesetzgebungsperiode auf fünf Jahre.
Verfassungsreform: Zusammenfassung der 152 Artikel des Bundes-Verfassungsgesetzes und der über 1100 Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen und Staatsverträgen in einer übersichtlichen Urkunde. Dazu soll ein einheitlicher Grundrechtskatalog kommen.
Föderalismus: Die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern soll nach einem "Drei-Säulen-Modell" (Bund, Länder, gemeinsame Gesetzgebung) neu geregelt werden. Angedacht wurde die Einführung der "Steuerhoheit" für Bundesländer.
Landesverwaltungsgerichte: Für die Berufung gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden sollen künftig eigene "Verwaltungsgerichte erster Instanz" in den Ländern und auf Bundesebene entstehen.
Schulverwaltung: Sämtliche Schulbehörden von Bund und Land sollen unter Leitung des Landeshauptmannes zusammengeführt werden.
Beamte: Über "einheitliche Besoldungsgrundsätze" für Bund, Länder und Gemeinden soll die Expertengruppe beraten.
Minderheitenrechte: Die Regelung der Kärntner-Ortstafel-Frage soll bis Sommer 2007 verfassungsrechtlich verankert werden.
Eine Reaktion zu Ankündigungen der Regierung in Sachen Staatsreform kam von BZÖ-Chef Peter Westenthaler. Für ihn sind diese "nichts als heiße Luft". "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis", spottete er. Das Frage-Verbot für Journalisten bezeichnete er als "Beispiel für den desaströsen Zustand dieser Bundesregierung".