IHS-Chef Keuschnigg im Interview.
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Wien. Als Tabubruch werten Betroffene wie Beobachter die Absicht der Regierung, bestimmte Gläubiger der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria an den Abwicklungskosten zu beteiligen. Christian Keuschnigg, Direktor des Instituts für Höhere Studien, mahnt die Politik, gegebene Versprechen der öffentlichen Hand nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
"Wiener Zeitung": Wird Österreich künftig in einem Atemzug mit Pleitestaaten wie Griechenland, Zypern oder Argentinien genannt werden, weil es seine eingegangene Haftungszusagen im Fall der Hypo Alpe Adria nicht einhalten will?Christian Keuschnigg: Wir werden natürlich nicht in einem Atemzug mit diesen Ländern genannt werden, und trotzdem empfinde ich es als gravierendes Problem, dass öffentliche Versprechen hier kompromittiert werden. Wenn der Staat Garantien ausspricht, dann macht man Wertpapiere sicherer, die dann wieder von Investoren gekauft werden, die in ihren Portfolios besondere Sicherheiten benötigen. Kompromittiert man diese Sicherheit im Nachhinein, wird so die ganze Geschäftsgrundlage ausgehebelt. Das halte ich grundsätzlich für bedenklich, auch wenn wir trotz aller Schwierigkeiten in einer weit besseren Lage als die von Ihnen genannten Staaten.
Warum geht die Regierung dann überhaupt so vor?
Ich kann die Intention des Finanzministers nachvollziehen, Gläubiger im Falle einer Pleite mitzubeteiligen, das ist auch der Weg, der in Europa mit der Bankenunion beschritten wird - dann darf aber auch kein staatliches Versprechen diesen Weg versperren. Der Finanzminister setzt sich zwar hier für die Interessen der Steuerzahler ein. Aber auch die Berechenbarkeit des Wirtschaftsstandorts und die Sicherheit von Investitionen zählen zu den Interessen der Steuerzahler.
Die Regierung will nachrangige Anleihen, die mit einer Haftung des Landes Kärnten versehen sind, zur Kassa bitten. Das verwirrt, weil "nachrangig" bedeutet, dass das Kapital bei einer Pleite verloren ist; die Haftung des Landes suggeriert dagegen völlige Sicherheit.
Da haben Sie recht. Man muss sich anschauen, was die Garantie genau abdeckt, aber hier gibt es tatsächlich einen Widerspruch. Das Land Kärnten hätte eigentlich Vorsorge treffen müssen, um im Konkursfall alle Haftungsverpflichtungen einlösen zu können; bekanntlich kann davon keine Rede sein. Konsequenterweise hätte das Land dann in Konkurs gehen müssen, nur ist darauf wiederum der österreichische Föderalismus nicht vorbereitet.
Konsequent wäre es, den Bundesländern neben der Ausgabenautonomie auch eigene Steuern zu geben, sie aber dafür voll verantwortlich zu machen. Wir brauchen so etwas wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus, der Länder, die sich nicht an ihre Verpflichtungen halten, unter Kuratel stellt. Eigene Steuern rauf, Ausgaben runter, statt andere zahlen zu lassen.
Wahrscheinlich werden die Gläubiger nun klagen. Mit welchen Erfolgsaussichten?
Hier gibt es aus meiner Sicht noch zu viele Fragezeichen, zumal es sich um ein einmaliges historisches Ereignis handelt.
Standard & Poor’s hat den Kreditausblick für etliche Banken und Bundesländer gesenkt. Welche Folgen erwarten Sie daraus?
Den Ausblick zu senken ist nur das erste Signal, dann schauen sich die Ratingagenturen an, was genau herauskommt. Kommt es tatsächlich zum Anleihenschnitt, rechne ich mit einer tatsächlichen Herabstufung. Zumal die Banken bis dato immer noch von der impliziten Staatsgarantie leben.
Die Regierung betont, es handle sich um eine absolute Ausnahme. Werden die Märkte das glauben?
Es gab Beispiele, wo die Märkte solche einmaligen Ereignisse geschluckt haben; möglich, dass es jetzt wieder so kommt. Sicher ist das allerdings keineswegs. Der Staat muss die glaubwürdigste aller Institutionen sein.