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Der Staat müsste lenkend eingreifen

Von Veronika Gasser

Politik

Um umweltpolitische Themen ist es leise geworden. Oft werden ökologische Maßnahmen Opfer des Sparkurses. Die Umweltpolitik werde in Österreich von der neuen Regierungsmannschaft stark vernachlässigt, lautet die Kritik der grünen Umweltsprecherin Eva Glawischnig. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" legte die Nationalratsabgeordnete die grünen Vorschläge und Forderungen für einen verbesserten Umweltschutz dar.


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"In Österreich mangle es immer noch an der Durchsetzung von EU-Umweltrichtlinien," betont Eva Glawischnig. Von daher laufen momentan 27 Verfahren gegen die Republik Österreich wegen Verstößen gegen die EU-Vorgaben. Eine ist zum Beispiel die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die in unserem Land nicht angewandt wird und wo somit gegen das übergeordnete EU-Recht verstoßen wird. Im schlimmsten Fall könnte es zu Pönalzahlungen kommen.

Keine Zweckbindung

Aber auch beim Klimaschutz fehlen die konkreten Konzepte, um die Ziele des Kyoto-Protokolls (Reduktion der Treibhausgase um 13 Prozent bis 2010) zu erreichen. Ein Problembereich ist der anfallende Müll, ein anderer der Verkehr. "Die Verschiebung der LKW-Maut ist verheerend und aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar," lautet die Kritik der Umweltsprecherin, denn die Verkehrsbelastung und deren Reduktion ist ein wesenticher Punkt zur Erreichung der Kyoto-Ziele. Die heiße Kartoffel road-pricing allein am Einhebungssystem aufzuhängen, sei nicht zielführend. Denn sowohl das Mauthütten- als auch das Vollelektronische System haben beide Vorteile. So ist die Vollelektronik effizienter, während die mechanische Einhebung Arbeitsplätze schaffen würde. "Primär geht es aber um die Frage, wohin fließen die Einnahmen der LKW-Maut", so Glawischnig. Denn wenn alles in den Straßenbau gebuttert wird, kann der Zuwachs beim Verkehr nicht gebremst werden. "Österreich ist nach Griechenland Spitzenreiter beim Verkehr. Dieser hat sich seit 1990 verdoppelt." Und deshalb ist hier eine Gegensteuerung dringend notwendig. Die Grünen schlagen deshalb vor, maximal 50 Prozent der Maut-Gebühren für den Straßenverkehr, den Rest für den Ausbau der Bahn zu investieren. "Wenn das Geld eingehoben wurde, muss es auch andernen Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen." Prinzipiell sei die Zweckbindung von Budgetmitteln zu hinterfragen. Damit der Verkehr von der Straße kommt, müssen die LKWs "kräftig zur Kasse gebeten werden, aber dafür ist das österreichische System wenig ambitioniert". Die Grünen fordern deshalb eine am Schweizer Modell orientierte, höhere Maut-Gebühr: "Ein LKW mit über 40 Tonnen, sollte 10 S pro km bezahlen müssen."

Ökosoziale Steuerreform

Die Grün-Patei will sich auch wieder für ein Ökosoziales-Steuermodell stark machen. "Es geht primär darum, die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden". Dabei kommt dem Staat die Aufgabe zu, in diese Richtung zu lenken. "Wenn dies nicht geschieht, können wir Kyoto vergessen." Mit diesem Modell würde Öko-Strom viel billiger werden, weil nicht erneuerbare Energieträger nach der Umweltbelastung, die sie verursachen, bewertet würden. Haushalte sollten von dieser Öko-Steuer entlastet werden, die Industrie könnte - laut Öko-Modell - mit einer Senkung der Lohnnebenkosten rechnen.

Auch bei Abfall wollen die Grünen zuerst auf dessen Vermeidung setzen. Erst dann muss die bestmögliche Entsorgung überlegt werden. Deshalb fordert Glawischnig eine Lenkungsabgabe auf Einwegflaschen. Der Druck kommt vor allem aus dem billig produzierendem Ausland, den der Handel an die Erzeuger weitergibt. "Hier könnte der Umweltminister ganz alleine entscheiden und er schweigt zu diesem Thema," bedauert Glawischnig.

Bei der Umweltforschung wittert die Grüne, die Tendenz, dass "kleinen kritischen Einrichtungen der Geldhahn abgedreht werden soll". So soll die Bundesanstalt für Bergbauernfragen von der viel größeren Bundesanstalt für Agrarwissenschaft aufgeschnupft werden. Geldmangel hält Glawischnig für einen Vorwand, denn das Institut hat sich zum Großteil aus EU-Projekten finanziert.: "Es besteht also kein ökonomischer Zwang für diesen Schritt."

"Skurril" mute, so Glawischnig, die Haltung von Sozialministerin Elisabeth Sickl zur Tierköperverwertung an. Sickl hatte die Beimengung von Kadavern zum Tierfutter, als "wertvoll" bezeichnet.