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Der Stabilitätsbeitrag

Von Matthias Nagl

Politik

Die Republik gerät allerorten ins Wanken. Allerorten? Die Landeshauptleutekonferenz steht felsenfest.


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Salzburg. Die Landeshauptleutekonferenz hat schon viele Beinamen bekommen. "Schattenregierung" ist einer, "Veto-Klub" ein anderer. Am Mittwoch bekam das Gremium einen neuen, positiveren Beinamen. Ein "Stabilitätsbeitrag" sei die Landeshauptleutekonferenz "mit ihrem informellen Teil" am Dienstag und Mittwoch in Salzburg gewesen, so Kärntens Landeschef Peter Kaiser (SPÖ).

"Es hätte keinen günstigeren Zeitpunkt dafür geben können", sagte Kaiser zur "Wiener Zeitung". Bemerkenswert ist die Betonung des informellen Teils. Schließlich ist das gesamte Gremium mangels Verankerung in der Verfassung streng genommen ja ein informelles. Doch die Gespräche abseits von inhaltlichen Fragen, beim gemeinsamen Mittag- und Abendessen dürften diesmal noch wichtiger als sonst gewesen sein.

Ergebnis gab es - vorerst - noch keines. "Wir haben keinen neuen Bundeskanzler bestellt", scherzte Gastgeber und Vorsitzführer Wilfried Haslauer (ÖVP) in der abschließenden Pressekonferenz. "Es ist wichtig, dass man auf der persönlichen Ebene den Kontakt sucht, um Verständnis für die Positionen des Gegenübers zu bekommen", sagte Salzburgs Landeschef Haslauer.

Gegenwind für Landesfürsten

Die Lust an der machtvollen Inszenierung haben die Landeshauptmänner nach wie vor nicht nur im Scherz. Das hatte schon am Vorabend Erwin Pröll, für viele der Prototyp eines Landesfürsten, gezeigt: In der Salzburger ÖVP-Zentrale stahl er scheinbar unbeabsichtigt seinem Parteichef Reinhold Mitterlehner die Show. Zwischen Tür und Angel verkündete er Augenblicke vor Mitterlehners Pressekonferenz, dass der Parteivorstand "natürlich keine Neuwahlen" beschlossen habe.

Damit war nämlich die zentrale Frage von zig Journalisten und Kamerateams beantwortet. Pröll verabschiedete sich, Mitterlehner durfte noch die Details der Sitzung verkünden. Man könnte also meinen, zumindest bei den Landeshauptleuten ist noch alles beim Alten. Doch selbst in der eigenen Partei regt sich Widerstand gegen das Politikverständnis der Marke Pröll. Der junge Salzburger Mandatar Asdin El Habbassi richtete Pröll und seinem Wiener Kollegen Michael Häupl nach der für Schwarz und Rot verheerenden Bundespräsidentenwahl via Twitter aus, "vorerst mal einfach ihren Mund zu halten. Kein Mensch braucht jetzt Kommentare dieser Landesfürsten".

Während Pröll vorerst nur verbal in die Schranken gewiesen wurde, bekam Häupl dieser Tage den Machtverlust unmittelbarer zu spüren, auch wenn er formal nun SPÖ-Vorsitzender ist. Zwar stellte Werner Faymann die SPÖ-interne Allianz für einen vorgezogenen Parteitag ebenso vor vollendete Tatsachen wie Häupl. Im Gegensatz zu Häupl hatte die Gruppe von kleinen und aus SPÖ-Sicht zwergenhaften Ländern ihr Ziel aber erreicht.

Bei der Nachfolgersuche für Faymann bahnt sich Häupls nächster Dämpfer an. Christian Kern und nicht Häupls Favorit, Gerhard Zeiler, hat eine breite Mehrheit der Länder hinter sich. Dieses Aufbegehren werde sich auf Ebene der Landeshauptleute aber nicht so bald bemerkbar machen, glaubt Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck: "Wenn sich die beiden maßgeblichen Figuren Häupl und Pröll einig sind und die sieben anderen mitziehen, dann gibt es eine einheitliche Stimme der Landeshauptleute-Konferenz."

Die alten Machtstrukturen seien vorerst also immer noch intakt. "Derzeit haben sie ihre Bedeutung aber weniger als Landeshauptleute, sondern als Landesparteichefs", erklärt Karlhofer. In dieser Funktion geben sie über ihre jeweiligen Parteien in den nächsten Tagen und Wochen die Richtung vor.

Feuerwerk der Komplimente

Dennoch scheint es, als hätte die Bundespräsidentenwahl und ihre Folgewirkungen auch bei den Landeshauptleuten Spuren hinterlassen. Nach ihrer Konferenz drängte sich tatsächlich der Eindruck auf, als zögen auf dieser Ebene Rot und Schwarz sowie Bund und Länder an einem Strang. Eine in den vergangenen Jahren seltene Situation.

Jedenfalls wäre es für Außenstehende vor lauter Komplimenten schwierig gewesen herauszufinden, wer denn nun zu welcher Partei gehört. "Die Länder sind mehr als nur ein fairer Partner für das Bundesheer", sagte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ). "Die Landeshauptleute haben die Ausführungen des Ministers angetan zur Kenntnis genommen", sagte Haslauer. "Diese Qualität der Zusammenarbeit habe ich selten erlebt", staunte Kaiser. "Heute können wir sagen: die Bundesregierung spricht mit einer Zunge", fügte Hermann Schützenhöfer (ÖVP) aus der Steiermark hinzu.

Die konsensuale Stimmung kann aber einfach auch am Hauptthema der aktuellen Konferenz liegen: dem Bundesheer. Verteidigungsminister Doskozil brachte den Landeshauptleuten, quasi als Gastgeschenk, die unbefristete Bestandszusage für die Kasernen Tamsweg, Horn, Freistadt, Lienz und Bleiburg mit, die vor Monaten geschlossen werden sollten. Und, offenbar fast noch wichtiger: auch die gefährdete Militärmusik bleibt erhalten und wird sogar aufgewertet. "Es ist für mich unvorstellbar, dass es die Militärmusik nicht mehr gibt", sagte Schützenhöfer.