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Ein geplantes Bordell in der Linzer Straße in der Nähe von Volksschule und Jugendeinrichtungen sorgt für Aufregung.
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Wien. Es ist Donnerstag Mittag, die Schule ist gerade zu Ende. Ein Schülerlotse sorgt dafür, dass die Volksschulkinder sicher über den Zebrastreifen kommen. Manche gehen dann weiter zur Jungschar, vorbei an jenem Eck, wo bereits ein Schild dezent, aber eindeutig auf die Vorgänge im Inneren des Lokals hinweist. "Studio Chica Lounge" steht in goldenen Lettern auf schwarzem Grund, links und rechts des Schriftzugs räkeln sich zwei Damen an der Stange. Ansonsten ist das Haus unauffällig.
"Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich dazu noch sagen soll", beginnt Andrea Kalchbrenner das Gespräch über das geplante Bordell in der Linzer Straße 226 in Penzing. Die Penzinger Bezirksvorsteherin steht in dauerndem Kontakt mit den ansässigen Bürgern, die ihren Ärger loswerden wollen. Sie kann diese aber lediglich auf die Meldestelle für Prostitutionsangelegenheiten der Landespolizeidirektion Wien verweisen. Zwar wurde bereits in der Bezirksvertretungssitzung im Herbst parteienübergreifend gegen das Bordell gestimmt. Die ÖVP hat sogar einen Antrag über "generelle Kritik an der Errichtung von Etablissements in Penzing" eingebracht und alle außer den Grünen haben dem zugestimmt. Da aber der Bezirk de facto nichts mitzureden hat, gilt das quasi nur als eine Empfehlung.
"Viele wissen nicht, dass wir als Bezirk hier kein Mitspracherecht haben", sagt Kalchbrenner zur "Wiener Zeitung". "Auch deshalb, weil wir die Kompetenzen nicht besitzen." Trotzdem verstehe sie natürlich die Sorgen der Bevölkerung und sie bemühe sich um eine Lösung: "Möglicherweise würde man einen alternativen Ort finden können", sagt sie. "Doch die Betreiber sind leider nicht gesprächsbereit."
Pädagogische Zentrenund eine Pfarrkirche
Dieses Bordell wäre nicht das erste im 14. Bezirk. Doch die Umgebung nahe des Gruschaplatzes ist doch eine sehr bürgerliche. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Sonderpädagogische Zentrum "Lernraum 14", dessen Sportplatz nachmittags auch vom Jugendverein "Kiddy&Co" genutzt wird. Ebenfalls in der Nachbarschaft befinden sich eine Volksschule und die Elternberatung der MA11, schräg gegenüber steht die Pfarrkirche Baumgarten, verbunden mit Pfarrheim, Pfarrkanzlei und katholischem Kindergarten.
Für "nicht kindeswohlgefährdend" hat die MA11, das Amt für Jugend und Familie, das äußere Erscheinungsbild beurteilt. Die Anrainerin Susanne M., selbst Lehrerin an einer Handelsakademie und Mutter von neunjährigen Zwillingen, ist allerdings davon überzeugt, dass die Kinder etwas mitbekommen würden, wenn das Lokal einmal läuft. Wie auch andere Anrainer hat sie selbst den Kontakt zu den Medien gesucht, um mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen. Manche ihrer Nachbarn haben auch Leserbriefe geschrieben oder immer wieder die zuständige polizeiliche Meldestelle angerufen, um ihren Unmut kundzutun.
Die FPÖ Penzing hat außerdem eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen. Susanne M. möchte, wie sie sagt, kein parteipolitisches Hickhack unterstützen. Von der Stadtregierung ist sie trotzdem enttäuscht: "Hier sind Rot-Grün die Interessen von Freiern und Prostituierten offenbar näher als das pädagogische Wohl der Kinder." Anfang Oktober sei eine Bürgerversammlung anberaumt gewesen, die allerdings kurzfristig abgesagt worden sei. "Auch in der Pfarre und den Schulen war man verständlicherweise ziemlich vor den Kopf gestoßen." Anderswo sieht man die Sache entspannter, beispielsweise in der benachbarten Wollstube. "Heraußen tut sich ja nix. Wenn da einer reingeht, geht der dann wieder heim und die Sache ist erledigt", so eine Mitarbeiterin.
Auch Kalchbrenner erhält Kritik von beiden Seiten: "Ich bekomme auch immer wieder Zuschriften, wie bigott ich sei, weil ich mich gegen das Bordell ausspreche. Dabei gibt es mehrere Prostitutionslokale in der Linzer Straße, mit denen es keine Probleme gibt. Nur "hier ist der Standort denkbar ungünstig", so die Bezirksvorsteherin.
Bis 2011 galten Schutzzonen, die die Anbahnung von Prostitution in einem Umkreis von 150 Metern um beispielsweise religiöse Gebäude, Schulen oder Friedhöfe verbaten oder erst ab einer bestimmten Uhrzeit erlaubten. Wo genau diese Schutzzonen endeten oder begannen, erzeugte oftmals Verwirrung, was Strafen für die Frauen nach sich zog.
Genehmigung durchWiener Landespolizei
Mit der Erneuerung des Wiener Prostitutionsgesetzes sollte der Straßenstrich allgemein aus Wohngebieten verbannt werden. Damit wurden die Schutzzonen überflüssig: Die legalen Zonen befinden sich nun ausschließlich in Industriegebieten am Stadtrand. Diese Schutzzonen betrafen aber ohnehin nur die "Anbahnung von Prostitution" und nicht die Bordelle. Ein Bordell etwa kann und konnte geduldet werden, auch wenn es neben einer Kirche lag.
Heute sind die Auflagen für Prostitutionslokale deutlich strenger geworden. Eröffnen darf man nur mit einem Bescheid der Polizei, gesetzeswidrige Bordelle können sofort geschlossen werden. In Wien genehmigt die Landespolizeidirektion die Eröffnung eines Bordells. Aber, so heißt es laut Polizei, wenn alle Standards erfüllt werden, spricht meistens nichts dagegen, auch, wenn ein solches Haus neben einer Kirche oder einer Volksschule eröffnet wird. Bei einem Sonderlandtag Ende September beantragten die Freiheitlichen die Einführung von Schutzzonen rund um Einrichtungen wie Schulen oder Kirchen. Der Antrag ging allerdings nicht durch. Werden alle Auflagen erfüllt, so spricht juristisch also erst einmal nichts gegen das Bordell. Die vagen Bestimmungen lauten lediglich, dass Anrainer keiner unzumutbaren Belästigung ausgesetzt werden dürfen, der Schutz von Jugendlichen gewahrt bleibt und sämtliche sicherheitstechnischen Standards eingehalten werden müssen. Lediglich der Eigentümer der Immobilie hätte die Eröffnung in den Räumlichkeiten der ehemaligen Fleischerei untersagen können. Im Moment liegt die Entscheidung bei der Landespolizeidirektion, genauer gesagt bei der Meldestelle für Prostitutionsangelegenheiten. Am 26. September erfolgte dort die offizielle Anmeldung. Die MA11 hat als Sachverständiger bereits eine negative Stellungnahme abgegeben.
Obwohl die Genehmigung noch aussteht, wird bereits die zweite Filiale des "Studio La Chica" in der Penzinger Straße auf der Website angepriesen. Über einen "diskreten Eingang" in der Pachmanngasse hätten Freier Zugang zum Lokal, wo "vier gemütliche und hochmoderne Zimmer" zur Verfügung stünden.