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Der Stärkste zuerst

Von Walter Hämmerle

Politik

ÖVP-Kandidat Andreas Khol über seine Rolle bei der Regierungsbildung, Angela Merkel und den Islam.


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Wien. Er bewundert die Sprachkunst Elfriede Jelineks und lobt die Amtsführung Heinz Fischers. Besser bekannt ist Andreas Khol als Co-Kutscher von Schwarz-Blau - damals mit Peter Westenthaler als seinem FPÖ-Pendant - und hartgesottener Seniorenvertreter - in diesem Fall im Duo mit SPÖ-Urgestein Karl Blecha. Nun soll der 74-jährige habilitierte Verfassungsrechtler für die Volkspartei die Hofburg zurückerobern.

"Wiener Zeitung": Sie haben sich selbst einmal als zu polarisierend, zu knorrig beschrieben, als dass das Amt des Bundespräsidenten für Sie in Frage käme. Sind Sie jetzt plötzlich weniger knorrig?Andreas Khol: Nein, aber was heute neu ist, ist eine Grundwertediskussion. Da sind meine Kanten wieder gefragt.

Welche Werte stehen zur Debatte?

Die Menschen erleben unsere Gesellschaft als gestresst. Die Wohlfühlphase nach dem Ende des Kommunismus ist einer kritischeren Phase gewichen. Die Menschen haben Angst - Stichwort Arabellion, Syrien, Russland -, sie spüren, dass die Grundrechte der Freiheit, der Gleichheit, der Geschwisterlichkeit, von Toleranz und Meinungsfreiheit wieder verteidigt werden müssen.

Wer bedroht diese Werte: Menschen, die nach Österreich kommen, oder Kräfte im Land?

Die Bedrohungen sind vielfältig und beziehen sich nicht nur auf Österreich, sondern auch auf Europa. Der Grundwert der Freiheit hat einen neuen Stellenwert, wenn eine deutsche Oberbürgermeisterin und ein heimischer Polizeipräsident Frauen empfiehlt, nachts besser mit Begleitung unterwegs zu sein.

Sie bezeichnen sich als Christdemokrat - das haben Sie mit Angela Merkel gemeinsam. Teilen Sie auch deren Diktum, wonach der Islam zu Deutschland gehöre, und den Optimismus in der Flüchtlingskrise, der im Satz "wir schaffen das" zum Ausdruck kommt?

Diesen Satz sehe ich als Aufforderung, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass es gelingt. Dazu gehört ein Maßnehmen an unseren Kapazitäten und die Festlegung einer Obergrenze im Sinne einer Richtschnur. Das muss im Einvernehmen mit Bund, Länder und Gemeinden geschehen, die Flüchtlingspolitik muss dann dafür sorgen, dass diese Latte nicht gerissen wird.

Gehört der Islam zu Österreich?

Der Islam wurde 1913 als Religionsgemeinschaft anerkannt, in der k.u.k. Armee dienten Feld-Imame und für die muslimischen Soldaten wurde halal gekocht. Der Islam ist deshalb ein überkommener Teil Österreichs; der Islamismus gehört nicht zu uns, das ist die wesentliche Unterscheidung.

Umfragen zeigen, dass sich eine große Zahl der Bürger Kandidaten wünscht, die nichts mit der herkömmlichen Politik zu tun haben. Jetzt schicken die Parteien doch altgediente Politiker ins Rennen.

Ich glaube, dass die Menschen den mühseligen Reformprozess in Österreich, der allenfalls in kleinen Schritten vorankommt, als negativ erleben. Die Leute erwarten eine einheitliche Vorgangsweise der Regierung, gerade auch in der Flüchtlingsfrage. Ich sehe aber weder Alexander Van der Bellen noch Irmgard Griss oder mich als Teil dieses Establishments, das in parteipolitisches Hickhack verfällt.

Die Stunde des Bundespräsidenten schlägt, wenn es um die Ernennung des Kanzlers geht. Was sind für Sie die zentralen Kriterien?

Den ersten Auftrag erhält der Chef der stärksten Partei. Das ist das einzige Kriterium. Wenn dieser keine Mehrheit im Nationalrat zustande bringt, dann kann der Auftrag auch an andere erteilt werden. Keine der im Nationalrat vertretenen Parteien ist von der Regierung auszuschließen, denn wenn sie gefährlich oder antidemokratisch wären, hätten sie nicht kandidieren dürfen. Ob jemand mir zu Gesicht steht oder meine Meinung teilt, spielt für mich hier keine Rolle.

Sie wollen ein aktiver Bundespräsident sein, aber ausgerechnet im Moment des größten Einflusses beschränken Sie sich auf rein formale Kriterien. Was wäre, wenn die stärkste Partei Österreich aus der EU führen möchte?

Ob eine solche Partei auch eine Mehrheit im Parlament zustande bringt, muss im Nationalrat entschieden werden. Ich werde mich da nicht einmischen.

Sie könnten im Hintergrund aktiv sein, immerhin verfügen Sie mit der Direktwahl über ein starkes demokratisches Mandat.

Ja, aber ich kann meine Überzeugungen nicht der Mehrheit im Parlament aufzwingen.

Ist die Angelobung einer Minderheitsregierung für Sie denkbar?

Da halte ich es mit Heinz Fischer, dessen Verdienst es ist, dass er einmal (2006, Anm.) eine solche Variante nicht gemacht hat. Das halte ich für legitim.