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Der steinige Weg zu einem Kärntner "Wir"

Von Walter Hämmerle

Politik

Der Weg zum gemeinsamen "Wir" scheint in Kärnten besonders lang und steinig. Warum das so ist, beleuchtet aus aktuellem Anlass ein Blick auf die spezifischen historischen Ursachen für die Problematik der Kärntner Minderheitenpolitik.


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Wer man ist, zu wem man gehört, vor allem aber: Was einen selbst von den "anderen" unterscheidet, all das ist stets konstruiert und keineswegs von vornherein fixiert. Wir lernen und erfahren es in Schule, Heer und Medien. Zum Schluss denken und handeln wir eben als Franzosen, Engländer oder eben Kärntner. Ob nun deutsch- oder slowenischsprachig, hängt davon ab, was in Vergangenheit und Gegenwart gelehrt und gelernt wurde.

Der Kärntner Sonderfall in Minderheitenfragen

Das Verhältnis der Kärntner Sprachgruppen ist nur vor dem Hintergrund der besonderen historischen Situation in Österreichs südlichstem Bundesland verständlich. Hier handelt es sich nicht allein um den Interessensgegensatz zweier sprachlich-ethnischer Gruppen. Tatsächlich erklärt sich die bis heute nachwirkende Brisanz der Kärntner Minderheitenfrage aus der Überlagerung dieser sprachlich-ethnischen mit zahlreichen weiteren Bruchlinien.

Eine davon führt zurück zu den Anfängen des österreichischen Parteiensystems in der Monarchie. Anders als etwa in den zur ungarischen Reichshälfte gehörenden gemischtsprachigen Gebieten des Burgenlands, kam es in Kärnten zur Frontstellung katholisch geprägter und habsburg-loyaler slowenischer Organisationen gegen traditionell antiklerikale deutsche Nationalliberale, später Sozialdemokraten und Deutschnationalen.

Spätfolgen von Monarchie und NS-Zeit

Nach 1945 wurde diese aus der Monarchie stammende Konfliktkonstellation noch durch einen weiteren Aspekt verschärft. So sahen sich die Kärntner Slowenen in der Zeit des Nationalsozialismus selbst in der Rolle der Opfer, ihre deutschsprachigen Mitbürger dagegen in jener als Mittäter der Verfolger. Während in Kärnten die Erfahrung mit dem Nationalsozialismus die Kluft zwischen den Sprachgruppen somit noch weiter vertiefte, spielte dieses Thema in der burgenländischen Landespolitik nach 1945 überhaupt keine Rolle. Hier wurde 1946 der Präsident des kroatischen Kulturvereines, Lovre Karall, ohne nennenswerten Widerstand als Kandidat der ÖVP zum Landeshauptmann gewählt.

Versuch eines Neuanfangs 1945

Nach 1945 war die noch junge 2. Republik bestrebt, durch eine betont minderheitenfreundliche Politik die slowenischsprachige Bevölkerung Kärntens für Österreich zu gewinnen. Mit der Neuregelung des zweisprachigen Schulwesens gelang tatsächlich ein Neubeginn. Auf Initiative des slowenischen Landesrates Tischler sollten alle Schüler des gemischtsprachigen Gebiets beide Landessprachen lernen.

Der Neubeginn war jedoch nicht von langer Dauer. Wieder belastete eine neue, zusätzliche Konfliktebene, der beginnende Kalte Krieg, das Klima zwischen den Sprachgruppen.

Kalter Krieg auch in der Minderheitenpolitik

Die ideologische Polarisierung ergriff auch die slowenische Minderheit: Sie spaltete sich in den katholisch-konservativen "Rat der Kärntner Slowenen" und die kommunistische slowenische Widerstandsbewegung "Osvobodilna fronta" (OF). Die von der OF unterstützten jugoslawischen Gebietsforderungen erweiterten die komplexe Gemengelage schließlich noch um einen nationalstaatlichen Territorialkonflikt.

Bei den Landtagswahlen 1949 traten beide Gruppierungen getrennt an, kamen zusammen jedoch nur auf 7.000 Stimmen - bei damals mindestens 42.000 Kärntner Sprachslowenen. Deutlicher konnte nicht zum Ausdruck kommen, dass die beginnende soziale Ausdifferenzierung eine direkte Umsetzung des sprachlich-ethnischen Bruches ins Parteiensystem nicht länger erlaubte.

Ende der 40er Jahre begann die Wiederauferstehung des deutschnationalen Vereinslebens, das sich vor allem gegen die OF und das zweisprachige Schulwesen richtete. Auch die Landesregierung stellte nun ihre Zusammenarbeit mit den slowenischen Organisationen ein. Die Folgen für das Kärntner Klima in der Minderheitenfrage waren entsprechend.

Minderheitenrechte im Staatsvertrag von 1955

Der Bruch Titos mit der Sowjetunion brachte wieder Bewegung in die festgefahrene Situation. 1949 gab Jugoslawien seine Gebietsforderungen auf, was auch die OF dazu bewegte, die bestehenden Grenzen anzuerkennen. Noch im selben Jahr einigten sich die Signatarmächte auf einen Paragraphen zum Minderheitenschutz, der Minderheitenrechte nicht von Prozentklauseln abhängig machte. Damit war das Fundament für den Artikel 7 des Staatsvertrages gelegt. Er blieb jedoch noch mit Leben zu erfüllen.