Wien. Auf den ersten Blick sind die Steuereinnahmen seit Jahresanfang nur leicht zurückgegangen: Wie einer Aufstellung des Finanzministeriums zu entnehmen ist, lagen die öffentlichen Abgaben im Jänner und Februar bloß um etwa 40 Mio. Euro unter dem Vergleichswert von 2008. Die Einnahmen aus Lohn- und Umsatzsteuer sind also weiterhin relativ hoch, aber die Unternehmen haben ihre Gewinnerwartungen (und die damit verbundenen Steuerüberweisungen) bereits stark zurückgefahren.
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Insgesamt hat das Finanzministerium in den ersten beiden Monaten 10,31 Mrd. Euro an Steuern und Abgaben eingenommen - das sind um exakt 38,9 Mio. Euro oder 0,4 Prozent weniger als im Jänner und Februar 2008. Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzentsaller rechnet für das Gesamtjahr mit einem Rückgang der Steuereinnahmen im "oberen einstelligen Prozentbereich".
Besonders trist ist die Situation auf den ersten Blick für den Bund: Abzüglich der an EU, Länder und Gemeinden zu überweisenden Steuereinnahmen bleiben ihm nur 4,71 Mrd. Euro in der Kasse - ein Minus von 867 Mio. Euro (15,5 Prozent). Dafür bekommen die Länder und Gemeinden ein deutlich größeres Stück vom Steuerkuchen: An sie flossen im Jänner und Februar 4,04 Mrd. Euro - um 723,5 Mio. Euro (21,8 Prozent) mehr als 2008. Dies ist Folge des Finanzausgleichs, bei dem die zweckgebundenen Zuschüsse des Bundes an die Länder abgebaut und durch "Ertragsanteilen" an den Steuern ersetzt wurden.
Freilich sind diese Zahlen, die nur auf den Einnahmen der ersten beiden Monate beruhen und daher noch zahlreiche Unschärfen enthalten, mit Vorsicht zu genießen. Absehbar ist aber, dass die Unternehmen ihre Gewinnerwartungen zurückgenommen haben und daher weniger Körperschaftssteuer überweisen: Nach 1,1 Mrd. Euro im Jänner und Februar 2008 waren es heuer nur 904,7 Mio. Euro - ein Minus von 18 Prozent. Auch an Einkommenssteuer wurde weniger veranlagt (518,6 statt 524,4 Mio. Euro).
Sehr stark ist dagegen noch die von Angestellten und Arbeitern bezahlte Lohnsteuer, die rund 3,5 Mrd. Euro einbrachte (316 Mio. Euro oder 9,9 Prozent mehr als im Jänner und Februar 2008). Hier machen sich die hohen Gehaltsabschlüsse des Vorjahres bemerkbar, sagt Schratzenstaller. Allerdings wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit ansteigt. Wifo und IHS rechnen bis Jahresende mit 53.000 bis 62.000 zusätzlichen Arbeitslosen, womit zwangsläufig auch weniger Lohnsteuer in die Kassen des Finanzministeriums fließt. Im Mai dürften auch die Ausfälle durch die Steuerreform spürbar werden.
IV schlägt Alarm: BIP-Rückgang mit "vier vor dem Komma"
Um fast ein Viertel ist in Österreich die Industrieproduktion binnen eines Quartals - Jänner 2009 gegenüber September 2008 - eingebrochen. Im Jänner hatte die heimische Industrie um 29,6 Prozent weniger Aufträge als vor Jahresfrist. Ohne Bauindustrie brachen die Auftragseingänge dramatisch um 33,7 Prozent ein. Mit dem Wegfall von 30 Prozent der Aufträge und damit Produktion befinde man sich jetzt auf dem Niveau des Jahres 2001. "Wir haben damit eine ganze Dekade industrieller Expansion verloren", erklärt der Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), Christian Helmenstein.
Die Industriellenvereinigung sieht Österreich tiefer in der Rezession als die beiden Institute Wifo und IHS, die in ihrer am vorigen Freitag revidierten Prognose die heimische Wirtschaft heuer um 2,2 bis 2,7 Prozent schrumpfen sehen. "Wir erwarten, dass sich der Abschwung in den nächsten Wochen und Monaten noch verschärft und nicht verflacht", erklärte IV-Präsident Veit Sorger Montagabend vor Journalisten.
Industrie-Chefökonom Helmenstein setzt für 2009 im "bestmöglichen Szenario" derzeit 2,9 Prozent BIP-Rückgang an, im schlechtestmöglichen sieht er "eine vier vor dem Komma". Um den eineinhalb- bis zweiprozentigen Vorsprung zu Deutschland (Österreich-Bonus) in die nächste Zeit herüberzuretten, dürfe nicht abgewartet werden, gegenzusteuern, sagte Sorger.