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Österreich als attraktiver Holdingstandort. | Kritik: KMUs sind benachteiligt. | Wien. Die Möglichkeit der Gruppenbesteuerung macht Österreich zu einem attraktiven Holdingstandort. Dennoch werden immer wieder Pro und Kontra oder sogar die Abschaffung dieses Konzepts diskutiert. Worum geht es dabei eigentlich?
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Bei einer Kapitalgesellschaft erfolgt die Besteuerung grundsätzlich isoliert und völlig unabhängig von anderen miteinander verbundenen Kapitalgesellschaften. Viele rechtlich selbständige, aber wirtschaftlich miteinander verknüpfte Kapitalgesellschaften mit gleichen oder ähnlichen Eigentümerstrukturen bilden einen Konzern. Eine gemeinsame Besteuerung des Konzerns macht daher auf den ersten Blick durchaus Sinn.
Steuervorteil durch Steuerstundung
Im Rahmen der Gruppenbesteuerung werden Gewinne und Verluste von allen Gruppenmitgliedern zusammengefasst und gemeinsam bei der Konzernobergesellschaft, dem Gruppenträger, besteuert. Dies hat den steuerlichen Vorteil, dass sämtliche Verluste mit Gewinnen zu saldieren sind und somit die Besteuerung für die gesamte Unternehmensgruppe geringer ist, als wenn jede einzelne Kapitalgesellschaft isoliert besteuert werden würde. Denn der Verlust eines Unternehmens außerhalb einer Unternehmensgruppe wirkt sich erst in den Folgejahren durch den Verlustvortrag steuersparend aus. Hingegen können durch die Gruppenbesteuerung Verluste sofort verwertet werden. Dadurch wird die Steuerpflicht zeitlich hinausgeschoben, also gestundet.
Durch die geringere Steuerbelastung beim Gesamtkonzern werden weniger Kredite benötigt, um die Verlustphasen zu finanzieren, oder es steht mehr Kapital für Investitionszwecke zur Verfügung.
Ausländische Verluste abschreiben
Ein heikles Thema bei der Gruppenbesteuerung ist die Verwertung von ausländischen Verlusten. Beispielsweise kann eine Konzernobergesellschaft in Österreich Verluste ihrer chinesischen Tochtergesellschaft im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung steuerlich verwerten. Die Verlustverwertung ist somit auch nicht auf die EU-Staaten beschränkt. Eine weltweite Verrechnung ist zulässig, sofern es in Österreich eine Kapitalmehrheit von mehr als 50 Prozent gibt. Auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erlaubt bei ausländischen Betriebsstättenverlusten die Verrechnung mit österreichischen Einnahmen. Diese Möglichkeit wird von vielen Seiten kritisiert, da der Steuervorteil nicht einmal durch österreichische Arbeitskräfte erzielt wird. Deshalb gibt es immer wieder die Forderung, die Verlustverwertung auf rein österreichische Konzernstrukturen zu beschränken. Das lehnt der VwGH jedoch ab. Eine solche Regelung wäre außerdem im Bereich der EU-Staaten diskriminierend und daher gemeinschaftsrechtswidrig, da beispielsweise deutsche Verluste eines österreichischen Konzerns zu steuerlichen Nachteilen führen würden, weil sie nicht steuersparend verrechnet werden können.
Lob für die heimische Gruppenbesteuerung kommt auch aus dem Ausland: Der deutsche Wirtschaftsexperte Bernd Rürup schwärmt für Österreichs Steuermodell. Durch die Möglichkeit der Abschreibung ausländischer Verluste in der österreichischen Unternehmensgruppe kann beispielsweise eine österreichische Holdingmutter gezahlte Zinsen für den Erwerb ihrer in- und ausländischen Beteiligungen mit den steuerlichen Ergebnissen ihrer Tochtergesellschaften im Rahmen der Gruppe steuerlich abziehen. Dies dürfte im internationalen Vergleich - soweit ersichtlich - einmalig sein.
Dennoch gibt es genügend Kritiker der Gruppenbesteuerung. Diese sehen das Konzept als Steuerzuckerl für große Konzerne und erkennen darin eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen. Dabei kann man zweifellos zugeben, dass die Gruppenbesteuerung verbesserungswürdig ist: Missbräuche und nicht gewollte Steuereffekte durch die Gruppenbesteuerung sollten gesetzlich unterbunden werden. Die komplizierten Regelungen sollten vereinfacht werden, um die gewollten Effekte für einen größeren Kreis von Unternehmen zu öffnen.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.