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Der stille Tod der Unkuscheligen

Von Edwin Baumgartner

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Der letzte männliche Eisbär ist tot. Die Wissenschaft hat alle Hoffnungen auf eine Nachzucht begraben. "Universum" bringt eine Sonderserie. Das kuscheligste Kuscheltier, das die Natur hervorgebracht hat, ist nicht mehr. Die Robben feiern Party. Die Menschenwelt aber trägt Trauer. Die Plüscheisbären werden in Kartons mit schwarzer Schleife verkauft. Die Kinder weinen.

Solch ein Szenarium wäre im Ernstfall realistisch. Doch der Eisbär lebt. De facto ausgestorben ist hingegen in der laufenden Woche das Nördliche Breitmaulnashorn. Es gibt nur noch zwei weibliche Exemplare. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist eine Reproduktion unmöglich. Der Aufschrei in den internationalen Medien war dennoch leicht überhörbar.

Pech für das Tier: Es hat keinen Kuschelfaktor. Die Unkuscheligen sterben ohne mediale Trauerbegleitung aus. Aal und Alpensalamander, Kihansi-Gischtkröte und Panay-Waran sind akut bedroht, ebenso zahlreiche Hai-Arten. Für das heikle maritime Ökosystem wäre das ein Äquivalent zum Aussterben von Wölfen, Luchsen und Bären in unseren Wäldern. Nur kann der Mensch das Meer niemals mit notdürftigen Korrekturen so in den Griff bekommen wie den Wald.

In Wahrheit sollte der Tod des Nashorns für uns eine intensivere Warnung sein als die Bedrohung des Eisbären. Wir müssen gerade dort aufpassen, wo wir keine Sympathien haben. Es ist leicht, sich für den Eisbären zu erwärmen und seinen Schutz zu fordern. Wie aber sieht es beim Hammerhai aus?