)
Wir sind fasziniert von großen Zahlen! Und das umso mehr, wenn es dabei um Sparpotenziale geht. Die Hitliste der süßen Versprechungen führen die Staats- und Verwaltungsreform sowie das Gesundheitswesen an. Mindestens zwei Milliarden Euro jährlich versprechen uns bei ersterem seit Jahren Wirtschaftsvertreter. 2,9 Milliarden "Effizienzsteigerungen" bis 2010 will nun auch die Gesundheitsministerin in ihrem Bereich entdeckt haben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es ist der süße Klang des Konjunktivs, die Verheißung einer potenziell sorgenfreien Zukunft, der uns Bürger bei solchen Diskussionen verzaubert: Was wir uns alles leisten könnten, würden wir nur richtig reformieren! Obwohl wir tief in unserer österreichischen Seele ja wissen, dass diese potenziell gnadenlos effizient gestaltete Zukunft ohnehin nie Realität werden wird.
Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Am schwersten wiegt sicher, dass wir uns unsere milliardenschweren Ineffizienzen in den Staats- und Verwaltungsstrukturen noch immer leisten können. Klar könnten wir ein wenig mehr Geld für die Altenpflege, die Mindestsicherung, den Klimaschutz oder das Bildungssystem gut gebrauchen. Aber es ist ja auch so genug für fast alle und fast alles da.
Von diesem einen Grund können alle weiteren Ursachen der behäbigen Reformkultur abgeleitet werden, die sich in aller Kürze so zusammenfassen lassen: Die politischen Kosten jeder Änderung des Status quo übertreffen auf kurze Sicht deren möglichen Nutzen. Die Crux liegt stets in den Strukturen des Systems.
Kein Bereich veranschaulicht das besser als das Gesundheitswesen: So lange es keine zentrale Steuerung der zu verteilenden Mittel gibt, so lange entzieht sich dieses System den Gesetzmäßigkeiten von Effizienz und Sparsamkeit beim Umgang mit Steuergeldern. So lange werden sich niedergelassener und Spitalsbereich als Konkurrenten statt als Partner sehen. So lange werden Länder und Gebietskrankenkassen als Hauptfinanziers versuchen, dem jeweils anderen möglichst viele Kosten zuzuschieben. Und so lange muss die Gesundheitsministerin ohne Kompetenzen hilflos dem Treiben zuschauen.
Und denen, die nun die Stimme nach mehr Geld für ein angeblich darbendes Gesundheitssystem erheben, seien folgende Fakten mit auf den Weg gegeben: Auf 1000 Einwohner kommen hierzulande 3,5 niedergelassene Ärzte, der OECD-Durchschnitt liegt bei 3,0 (alle Zahlen beziehen sich auf 2005). Bei Krankenpflegern liegt das Verhältnis bei 9,4 (8,6). Auch der Anteil der öffentlichen Ausgaben an den Gesamtausgaben ist mit 75,7 Prozent überdurchschnittlich (72,5).
Geld ist vorerst reichlich vorhanden. Man muss es nur richtig einsetzen. Dies umso mehr, als uns die Zukunft aufgrund der demografischen Entwicklung ohnehin horrende Kostensteigerungen verheißt.