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Der Tag der Befreiung

Von Bernd Vasari

Politik

Anstelle des Aufmarschs der Burschenschafter wird der Heldenplatz am 8. Mai zum Konzerttag.


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Wien. Bisher wurde der Wiener Heldenplatz am 8. Mai - dem Jahrestag des Sieges der Alliierten über das Nazi-Regime im Jahr 1945 - von einem großen Polizeiaufgebot und zahlreichen Platzsperren dominiert.

Burschenschafter zogen mit Fackeln durch die Innenstadt und versammelten sich vor der Krypta zum umstrittenen "Totengedenken". Zahlreiche, meist führende FPÖ-Repräsentanten wie Heinz Christian Strache (2004), Lutz Weininger (2007) und Wolfgang Jung (2011/12) hielten ihre "Totenreden". Und immer wieder kam es zu Ausschreitungen, nachdem Burschenschafter auf antifaschistische Gegendemonstranten trafen. Lange Zeit waren die Verantwortlichen in der österreichischen Regierung weitgehend planlos, wie man mit diesem Chaos umgehen sollte. Zudem gedachte die Regierungsspitze erst im vergangenen Jahr in einer Gedenkveranstaltung im Kanzleramt erstmals an die Kapitulation des Nazi-Regimes. Eine Lösung für den Heldenplatz fand man aber nicht. Heuer wird der Aufmarsch der Burschenschafter durch eine Mahnwache des Bundesheeres und ein Gedenkkonzert der Wiener Symphoniker unterbunden. Die Initiative für die Neuausrichtung hin zu einem "Fest der Freude" kam von Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees. "Es war jedes Jahr ein unwürdiges Schauspiel", sagt er zur "Wiener Zeitung". "Auf der einen Seite betrauerten die Burschenschafter mit ihrem Totengedenken die Niederlage, auf der anderen Seite standen die antifaschistischen Gegendemonstranten und in der Mitte die Polizei." So begehe man keinen Tag der Befreiung, betont Mernyi. Nach dem "unwürdigen Schauspiel" im Vorjahr hatte er dann die Idee, ein Konzert zu veranstalten.

Dieses Konzert inspirierte auch die Politik, heißt es aus dem Verteidigungsministerium, man nahm die Idee von Mernyi auf und beschloss, die Burschenschafter durch eine Mahnwache des Bundesheeres auszubremsen. "Wo in den vergangenen Jahren die Burschenschafter aufmarschiert sind, werden diesmal Soldaten zum Gedenken an die Opfer des Faschismus Wache halten", sagt Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ), denn "für einschlägige Gruppen darf es keinen Platz geben, schon gar nicht auf dem Heldenplatz".

Darabos-Büro: "Nicht für den 8. Mai verantwortlich"

Warum man erst 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf diese Idee kam, könne man nicht sagen. Das, was vor der Amtszeit von Klug passierte, läge nicht in seinem Verantwortungsbereich, verlautbart das Büro des Verteidigungsministers. Aus dem Büro des Vorgängers Norbert Darabos (SPÖ) heißt es auf Nachfrage: "Der Verteidigungsminister ist nicht dafür verantwortlich, was am 8. Mai passiert." Von 7 Uhr bis 18 Uhr hält das Bundesheer nun eine Mahnwache für die Opfer des Nazi-Regimes ab. Danach spielen die Wiener Symphoniker unter dem Dirigenten Bertrand de Billy ein Gedenkkonzert zur Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft.

Burschenschafter werden den Heldenplatz dieses Jahr wohl meiden. Laut Johann Golob, Pressesprecher der Polizei, ist die Versammlung der Burschenschafter zurückgezogen worden. Außerdem bestehe der Aufruf der Burschenschafter selbst, keine Aktionen zu setzen. Ein Platzverbot werde es heuer nicht geben. "Der Heldenplatz ist für jedermann offen, der das Fest der Freude mitfeiern will", so der Polizei-Sprecher. Verteidigungsminister Klug kann sich vorstellen, die Mahnwache am 8. Mai künftig jedes Jahr zu entsenden. "Der 8. Mai wird immer ein Tag der Freude über die Befreiung und ein Tag des Gedenkens sein", der Minister wolle nun keiner "anderen Interpretation" mehr Platz geben.

Was mit der Krypta geschieht, bleibt unklar

Offen bleibt die Neugestaltung der Krypta im Äußeren Burgtor. Der Verteidigungsminister präsentierte am Dienstag seine Vorschläge für diese Gedenkstätte, wonach alle Kranzschleifen und Inhalte der Vitrinen dem Heeresgeschichtlichen Museum zur wissenschaftlichen Aufarbeitung überlassen werden sollen. Die in der Krypta gelagerten Totenbücher seien, nach der symbolischen Streichung eines Angehörigen der SS, dem Schwarzen Kreuz und dann dem Staatsarchiv übergeben worden.

Für den grünen Bildungssprecher Harald Walser ist das zu wenig. Nach wie vor beinhaltet die Krypta die Widmung an die Soldaten der Monarchie, der Wehrmacht und der Waffen-SS und erinnert an die Pflichterfüllung. Die Gedenkstätte sollte aber jene ehren, die für die Wiedererrichtung Österreichs beigetragen haben, die Menschen des Widerstands und die Soldaten der Alliierten. "Jetzt ehren wir jene, die gegen ein demokratisches und unabhängiges Österreich gekämpft haben", kritisiert Walser.